Nr. 314    Erscheinungtermin: 11.11.2025
Fort - Schritt
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Fort - Schritt / Auf dem Prüfstand: Fusion, KI und Co
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72 Seiten
November 2025
Preis: 5,00 EUR



Inhaltsverzeichnis
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Kernfusion

Faktencheck zur aktuellen Atomdebatte

vom BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland)

Seit rund 80 Jahren versucht die Kernforschung, das Geschehen im Inneren der Sonne zu simulieren und auf diese Weise Strom zu erzeugen. Berichte der letzten Jahre über Fortschritte haben den energiepolitischen Diskurs beeinflusst. Mitunter entsteht der Eindruck, Kernfusion sei als künftige Stromquelle bereits fest eingeplant. Was ist dran am neuen Hype um Kernfusion? Wir unterziehen die Behauptungen einem Faktencheck.

  • Nur Grundlagen-Erfolge

Die Kernfusionsforschung macht regelmäßig Schlagzeilen mit angeblichen Durchbrüchen. Diese Meldungen beziehen sich jedoch auf Grundlagenforschung. Die Experimente sind nicht auf einen großen Maßstab übertragbar. Fakt ist: Es ist bislang nicht möglich, mit Kernfusion Energie zu gewinnen. Der Aufwand an Energie ist größer als der Ertrag.

  • Kein passendes Material

In einem Kernfusionsreaktor herrschen ähnliche Bedingungen wie auf der Sonnenoberfläche. Um Bestand zu haben, müssten die Innenwände des Reaktors so hitzebeständig sein wie eine Rakete – und das über einen viel längeren Zeitraum. Niemand weiß, ob die Forschung ein solches Material entwickeln kann oder ob dann dafür ausreichend Baustoffe verfügbar sind. Fakt ist: Solange die Materialfrage unbeantwortet bleibt, ist Kernfusion als Energiequelle eine Illusion.

  • Brennstoff fehlt

Die Kernfusionstechnik verwendet Deuterium und Tritium als Brennstoff. Tritium kommt nur in winzigen Mengen in der Natur vor und fällt ebenfalls in sehr kleinen Mengen beim Betrieb einiger Atomkraftwerkstypen an. Der weltweite Tritiumvorrat liegt bei 20 Kilogramm. Das reicht gerade mal für den Betrieb der europäischen Kernfusions-Versuchsanlage ITER. Fusionsreaktoren müssten also das benötigte Tritium selbst „erbrüten“. Fakt ist: Niemand weiß, ob die Selbstversorgung eines Fusionsreaktors mit Tritium überhaupt technisch möglich ist. Das ist aber eine Grundvoraussetzung.

  • Zu spät für den Klimaschutz

Ob Fusionstechnik irgendwann technisch ausgereift ist, bleibt fraglich. Und selbst wenn, würde es immer noch einige Jahrzehnte dauern, bis sie als kommerzielle Energiequelle nutzbar wäre. Für effektiven Klimaschutz ist das zu spät.

Die Kernfusion ist daher keine Möglichkeit, um den Stromsektor CO2-frei auszurichten. Es gibt keine realistische Alternative zu erneuerbaren Energien und Speichertechnologien. Im Gegen- satz zur Kernfusion wissen wir, dass das funktioniert. Fakt ist: Die Kernfusion ist keine Lösung für den Klimaschutz und keine Alternative zur Energiewende.

  • Milliarden-Grab

Die Versuchsanlage ITER hat bislang schätzungsweise 25 Milliarden Euro verschlungen. Auf ITER folgt ein Demonstrationskraftwerk und erst danach ein Prototyp. Deutschland hat die Höhe der Gelder für die Kernfusionsforschung 2024 stark erhöht und will bis 2029 eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen – trotz höchst zweifelhafter Erfolgsaussichten. Fakt ist: Diese Gelder sind verloren für die Weiterentwicklung von Speichertechnologien, intelligenten Netzen und Energieeffizienz.

  • Nicht kompatibel

Ein zentrales Element der Energiewende ist die Umstellung des Stromsektors auf flexible Netze. Sie sollen den Energiemix mit fluktuierenden Quellen steuern. Der Logik der Kernfusionstechnik passt nicht dazu, denn sie setzt das Grundlastprinzip voraus. Fakt ist: Die Kernfusionstechnik eignet sich nicht für die flexiblen Stromnetze der Zukunft.

  • Noch mehr Atommüll

Bei der Kernfusion entstehen, anders als bei der Kernspaltung, keine hochradioaktiven Abfälle. Allerdings ist mit großen Mengen an schwach- und mittelradioaktiven Abfällen zu rechnen, da die Reaktorwände regelmäßig ausgetauscht werden müssten. Fakt ist: Kernfusion verursacht zusätzlich große Mengen Atommüll.

  • Entwicklung von Atomwaffen

Die Kernfusionsforschung ist eng mit militärischen Interessen verknüpft. Ein frühes Ergebnis ist die Wasserstoffbombe. Mit dem internationalen Verbot von Atomwaffentests hat die Forschung zur Kernfusion an Bedeutung gewonnen – um nukleare Waffensysteme weiterzuentwickeln. Es besteht die Gefahr, dass durch die Forschung Know-how für militärische Zwecke verbreitet und genutzt wird. Sollten jemals Fusionsreaktoren gebaut werden könnte Tritium aufgrund der hohen Mengen unbemerkt entwendet und zur Sprengkopf-Herstellung verwendet werden. Fakt ist: Kernfusion und Kernfusionsforschung sind Schlüssel zur Herstellung von Waffensystemen, die das Potenzial haben, das Leben auf diesem Planeten auszulöschen.

  • Der BUND fordert
  • einen vollständigen Ausstieg aus der Atomkraft
  • keine Subventionierung von Kernfusionsforschung
  • eine Energiewende hin zu 100 Prozent Erneuerbaren
https://www.bund.net/Factsheet-Kernfusion-BUND-2025_01.pdf
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