Presseerklärung vom 22. August 2005

Im Verfahren gegen die aaa-Redaktion wegen Aufforderung zu strafbaren Handlungen ist heute der richterliche Beschluß zugestellt worden, mit dem die Beschlagnahme von 264 Gegenständen als beweiserheblich eingestuft wird. Die Betroffenen haben dagegen Beschwerde erhoben und werfen dem Richter vor, er sei zu einer sachgerechten Entscheidung nicht in der Lage.

Am 11. August hatten knapp 50 BeamtInnen zwei Wohnungen und die Redaktion der Zeitschrift anti atom aktuell durchsucht, um Beweise sicherzustellen. Ermittelt wird laut Durchsuchungsbefehl wegen einer internet-Seite namens www.prekaer-camp.org. Dort war im Programm einer Veranstaltungswoche auch ein „Praxis-Workshop YOMANGO auf deutsch" angekündigt. Die Staatsschutzpolizei beschlagnahmte handschriftliche Aufzeichnungen, Ausdrucke und Druckerzeugnisse; das Hauptinteresse richtete sich auf Datenträger und drei Computer. Über insgesamt 264 Einzelstücke heißt es im aktuellen Beschluss: „die Gegenstände kommen als Beweismittel in Betracht.“

„Beweis wofür?“ fragt Elisabeth K., ehrenamtliche Redakteurin bei der Bewegungszeitschrift. „Es braucht keine Razzia, um zu erkennen, wer die presserechtliche Verantwortung einer Veröffentlichung trägt, da genügen fünf Mausklicks. Wenn hier kistenweise notwendig gebrauchtes Arbeitsmaterial davongetragen wird, handelt es sich in unseren Augen um einen politisch begründeten Angriff auf unliebsame Medienarbeit.“

Amtsrichter Thomas Stärk hat nach Angaben der Beschuldigten in zwei Gesprächen dargelegt, dass er keine Erfahrung im Umgang mit dem internet hat. Er habe es abgelehnt, sich die Textstellen selbst anzuschauen und diese Weigerung damit begründet, mögliche Querverweise als solche nicht erkennen zu können. Nach eigenem Bekunden seien Richter Stärk Ausdrucke unterschiedlicher internet-Seiten vorgelegt worden. „Mit Hilfe der Suchmaschine Google sind allein für den deutschsprachigen Raum 604 Treffer zu finden, wo völlig unterschiedliche Inhaber über eine Kampagne Yomango informieren. Ich glaube, er weiß gar nicht, was Links sind, und kann nicht unterscheiden, wo rechtlich relevante Verknüpfungen bestehen und wo nicht.“ wirft ihm die Psychologin vor. „Damit nimmt er uns in Verantwortung für praktisch alles, was irgendwer einmal ins weltweite Netz gesetzt hat zu einem Thema, das auf unserer Seite auch erwähnt wird.“

Ein Richter, der Vorlagen ohne eigene Prüfung unterzeichnet, mache sich zum Erfüllungsgehilfen der Staatsanwaltschaft. Seiner Aufgabe als unabhängige Entscheidungsinstanz werde er damit nicht gerecht. Unterstützung erfährt die aaa-Redaktion unter anderem vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein RAV. „Das Vorgehen im vorliegenden Fall zeigt, dass auch bei dieser Durchsuchung der zuständige Richter seine Wächterfunktion nicht wahrgenommen hat. Da ihm nach eigenem Bekunden der Umgang mit dem Internet nicht vertraut ist, konnte er den zugrunde liegenden Strafvorwurf gar nicht überprüfen.

Der RAV verurteilt diese Verletzung der Wächterfunktion, für die das Amtsgericht Dannenberg bei Castor-Transporten im Hinblick auf präventive Freiheitsentziehungen bereits bekannt ist.“ heißt es in der heutigen Erklärung.

Informationen zur „anti atom aktuell“, über den Zusammenhang zum „Prekär-Camp“, zum Verlauf und den Besonderheiten der polizeilichen Maßnahme finden Sie unter www.anti-atom-aktuell.de

Empfehlen möchten wir auch einen Blick auf die Seite des Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein RAV

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Martin Nesemann
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