Grafik aaa - Zeitung für die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen
2005-08-26

Durchsuchung und Beschlagnahme-Aktion bei anti atom aktuell Angriff auf Pressefreiheit
von Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju)

Als Akt der Zensur und als schwer wiegenden Angriff auf die Pressefreiheit verurteilt die dju die jüngste Durchsuchungs- und Beschlagnahmeaktion der Staatsanwaltschaft Lüneburg in den Redaktionsräumen der Zeitschrift anti atom aktuell (aaa). Die Journalistengewerkschaft fordert die niedersächsische Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) und den Ministerpräsidenten des Landes, Christian Wulff (CDU) auf, dem rechtsstaatswidrigen Treiben staatlicher Organe ein Ende zu setzen , die beschlagnahmten Unterlagen unverzüglich zurückzugeben und den angerichteten Schaden "soweit überhaupt noch möglich" wieder gut zu machen. Die deutschen Verlegerverbände fordert die dju auf, sich dem Protest anzuschließen und auf politische und gesetzliche Vorkehrungen zu drängen, die vergleichbare Übergriffe künftig ausschließen.

Der Sachverhalt:

Die Staatsanwaltschaft Lüneburg ließ am 11. August mit Genehmigung eines Amtsrichters die Redaktionsräume von aaa im Kreis Lüchow-Dannenberg durchsuchen . Dabei wurden umfangreiche redaktionelle Unterlagen und Datenspeicher beschlagnahmt. Anlass für die Aktion war der Verdacht, ein Mitglied der Redaktion könnte auf einer von ihm persönlich und unabhängig von aaa verantworteten Internet-Seite einen Aufruf zum Diebstahl veröffentlicht haben.

Die Bewertung:

Die Aktion der Justizbehörden ist offenkundig und weit vom Gebot der Verhältnismäßigkeit entfernt: Da die Identität des Beschuldigten fest stand, der inkriminierte Text zugänglich und der mögliche Straftatbestand weit von einem Verbrechen oder einer staatsgefährdenden Verschwörung entfernt ist, bedurfte es der Justiz-Aktion nicht.

Da sich die Aktion gegen eine Redaktion richtete, wiegt die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffs besonders schwer: Durchsuchung und Beschlagnahme brechen ohne Not in das Redaktionsgeheimnis ein. Wie schon in früheren vergleichbaren Fällen kann der angebliche strafrechtliche Anlass für die Durchsuchung nur als Vorwand für eine Ausforschung des Redaktionsgeheimnisses verstanden werden. Damit wird jedoch der Vertrauensschutz von Informanten gegenüber der Presse und zugleich der grundgesetzlich garantierte Schutz der Presse vor staatlicher Gängelung und Willkür zerstört.

Die dju warnt ausdrücklich davor, den Vorgang wegen des geringen publizistischen Marktgewichts des betroffenen Presseorgans zu unterschätzen. Es gilt nach wie vor: Die Pressefreiheit existiert entweder ungeteilt oder sie existiert nicht. Wer Rechte der anderen nicht verteidigt, setzt die eigenen aufs Spiel. Nicht nur die SPIEGEL-Affäre hat gelehrt, dass die Pressefreiheit ein latent gefährdeter Pfeiler der Demokratie ist. Er bedarf unter dem Motto ‚Wehret den Anfängen' der stets aufmerksamen Verteidigung.

Manfred Protze (dju-Sprecher)

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