Kirgisistan:
Umweltschützer*innen schlagen Alarm
Wiederaufnahme des Uranabbaus und Pläne für AKW-Bau
von aaaRed
Umweltschützer*Innen und die Bevölkerung in Kirgisistan sind besorgt über die wachsende radioaktive Gefährdung von Umwelt und Menschen, nachdem das Parlament beschlossen hat, den Uranabbau nach einer fünfjährigen Unterbrechung wieder aufzunehmen.
Nach anti-Atomkraft-Demonstrationen im Norden des Landes hatte Kirgisistan 2019 ein Gesetz erlassen, das die Erforschung, Exploration und Erschliessung von Uran- und Thoriumvorkommen verbietet. Am 19. Juni 2024 hat das Parlament dieses Gesetz nun gekippt. Die Regierung drängte auf die Wiederaufnahme des Bergbaus mit der Begründung, dass die Uranproduktion eine dringend benötigte Finanzspritze für die kirgisische Wirtschaft darstellen könnte. Der Bergbau ist ein wichtiger Wirtschaftssektor des Landes. Kirgisistan besitzt Uranvorkommen und enorme Vorkommen an seltenen Erden und Gold.
Sadyr Schaparow, der Präsident Kirgisistans, erklärte, dass die Wiederaufnahme des Uranabbaus einen Geldsegen von 2 Milliarden Dollar für die Staatskasse bedeuten könnte. Die kirgisische Führung hat den Bergbau zwar als wirtschaftliche Notwendigkeit bezeichnet, gleichzeitig aber versprochen, bei der Erschließung von Lagerstätten neue Technologien einzusetzen, um den Betrieb zu sichern und "strenge Umweltstandards" einzuhalten.
Kirgisistan verfügt über eine Reihe bekannter Uranvorkommen, die seit Inkrafttreten des Verbots nicht mehr abgebaut wurden. Einige der größten Vorkommen befinden sich in ökologisch sensiblen Gebieten, unter anderem in der Nähe des Issyk-Kul-Sees, der von vielen Bürgern die "Perle Kirgisistans" genannt wird. Die Aufhebung des Bergbauverbots wird von Umweltschützer*Innen als Wegbereiter für ein Atomkraftwerk in dem zentralasiatischen Staat angesehen.
Interesse an SMR-Bau
Die Aufhebung des Verbots kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Kirgisistan nach Angaben des Energieministers Taalaibek Ibraew die Möglichkeit in Betracht zieht, einen kleinen, modularen Reaktor (SMR) zu bauen, der vom russischen Staatskonzern Rosatom geliefert werden soll. Kirgisistan prüfe "die Optionen" für den Bau von zwei 55-MW-Einheiten. Im November 22 haben das Energiemisterium Kirgisistans und Rosatom ein Abkommen zur Zusammenarbeit unterzeichnet, das zum Bau von SMRs führen könnte. Das Abkommen mit Kirgisistan sieht auch die Entwicklung der nuklearen Infrastruktur in dem Land vor.
Das Engagement der Regierung für den Uranabbau und die Atomenergie hat Umweltschützer*Innen und viele bewohner*Innen der Uranabbaugebiete auf den Plan gerufen. Die Aussicht auf den Betrieb eines Atomreaktors in einem Land, das für Erdbeben anfällig ist, beunruhigt die Bevölkerung. Abgesehen von den Gefahren, die eine Naturkatastrophe mit sich bringt, ist die schlechte Sicherheitsbilanz Kirgisistans bei der Eindämmung der toxischen Folgen des Abbaus von Edelmetallen, einschließlich Gold und Uran, ein weiteres großes Problem. Die Proteste der Bevölkerung gegen die radioaktive verstrahlung der Umwelt hatten die Regierung schließlich dazu veranlasst, den Uranabbau im Jahr 2019 zu stoppen.
Im Mai dieses Jahres wandte sich eine Gruppe kirgisischer Aktivist*Innen an das Umweltministerium und warnte, dass die Wiederaufnahme des Uranabbaus die bereits bestehenden Umweltprobleme noch verschärfen könnte. "Es werden Zahlen von bis zu 2 Milliarden Dollar Gewinn aus dem Uranabbau genannt, aber niemand sagt, wie hoch die Kosten für die Wiederherstellung der zerstörten Flächen sein werden", schrieben die Aktivist*Innen.
Die Angst vor neuen Gefahren und Unfällen ist nicht unberechtigt. Am 1. Juni stürzte bei einem Unfall im Bezirk Dzhumgal in der Region Naryn ein Rosatom-LKW in einen Fluss. Das Fahrzeug war an einer laufenden Maßnahme zur Reinigung von Uranabfällen beteiligt. Nach Angaben des Ministeriums für Notstandssituationen war der betreffende Lkw zum Zeitpunkt des Unfalls leer. Im Internet kursierende Filmaufnahmen schienen jedoch den offiziellen Darstellungen zu widersprechen und zeigten, dass schwarzer Schlamm aus dem Lkw in den Fluss geflossen war.
Einem im April von der Nachrichtenagentur Reuters veröffentlichten Bericht zufolge werden Tailings mit großen Mengen an Uranabfällen von instabilen Dämmen gehalten. Die Dämme wurden im Jahr 2017 durch Erdrutsche erheblich beschädigt. Ein weiterer Erdrutsch oder ein Erdbeben könnte zum Versagen der Dämme führen und damit eine nukleare Katastrophe vom Ausmaß Tschernobyls verursachen", heißt es in dem Reuters-Bericht. Giftige Abfälle könnten sich über das Flussnetz ausbreiten, das Wasser für landwirtschaftliche Flächen liefert.@
Quellen:
eurasianet.org/18.6.24
wise-uranium.org