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Zu der Zeit, als die Grafik auf unserem Titelbild entstand, wurde international der
Antikriegstag noch am 1. August begangen. Als fortwährende Mahnung sollte er die
Erinnerung an den Beginn des Weltkriegs wachhalten. Leute aus dem internationalen Gewerkschaftsbund baten die renommierte Grafikerin Käthe Kollwitz – damals
Professorin an der Akademie der Künste in Berlin und Leiterin der Meisterklasse für
Grafik – darum, ihre künstlerische Arbeit für eine Bewegung einzusetzen, die länderübergreifend Tausende gegen Militarismus und für Abrüstung auf die Straße brachte.
Für eine solche Veranstaltung im August 1924, den "Mitteldeutschen Jugendtag der
Sozialistischen Arbeiterbewegung in Leipzig" warb ein von ihr gestaltetes Plakat. Bis
heute – knapp hundert Jahre später – findet es noch häufig Verwendung. Und zwar
so oft und für so viele verschiedene Zwecke, dass es leicht als abgenutzt erscheinen
könnte. Es wäre schade, wenn es mit einem "ach das schon wieder!" abgetan würde;
deshalb haben wir ihm hier eine frische Farbe verpasst.
In einem antimilitaristischen Erinnerungskalender sind weitere Eintragungen dazugekommen. Die Abwürfe der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki haben den
6. und den 9. August ins globale kollektive Gedächtnis eingebrannt; mit dem Überfall
des nationalsozialistischen Deutschland auf Polen am 1. September begannen weitere sechs grauenvolle Jahre eines zweiten Weltkriegs. Für die August-SeptemberAusgabe in diesem Jahr lassen wir die Frage einfach unbeantwortet, welchem Datum
die größere Aufmerksamkeit zusteht. Die Umstände schreien eigentlich danach, dass
praktisch jeder Tag ein Antikriegstag wäre.
In Wahrheit ist es derzeit eine mühsame Angelegenheit, sich überhaupt Gehör zu verschaffen für Auffassungen, die nicht im Einklang sind mit einer breit beworbenen Politik der massiven Aufrüstung. Die Beiträge in diesem Heft geben zum Einen Aufschluss
über das ungeheure Ausmaß, in dem weltweit das Arsenal der Zerstörung vergrößert
wird und weiter ausgebaut werden soll. Zum Anderen lassen wir Autor*innen aus
ganz unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft zu Wort kommen. Mit ihren Beiträgen öffnen sie Sichtweisen, die raushelfen können aus dem unguten Gefühl, mit dem
eigenen Unbehagen und vielleicht auch (Ver-)Zweifeln ganz alleine dazustehen.
"Eröffnen wir das generationenübergreifende, ungegängelte Gespräch, wo immer
sich Gelegenheit bietet oder herstellen lässt. Lassen wir uns von Denkverboten nicht
einschüchtern,geben wir der Sehnsucht nach dem Frieden eine Stimme!" Mit diesem
Appell endet zum Beispiel das "Manifest der Achtzigjährigen". Wer das probiert, kann
feststellen: es sind doch gar nicht so wenige, die "der Aufrüstung entgegen treten"
wollen, wie es im Titel heißt. Und damit ist die Chance da,
gefühlte Ohnmacht zu durchbrechen.
Wir wünschen anregende Lektüre.
ciaaao
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