Philippinen: Der andauernde Kampf

für ein atom- und atomwaffenfreies Land

von aaaRed

Das Atomprogramm auf den Philippinen begann 1958 mit der Gründung der Philippinischen Atomenergiekommission (PAEC) gemäß dem Republikgesetz 2067. Im Juli 1973 gab die Marcos-Regierung als Reaktion auf die damalige philippinische Wirtschaftskrise ihre Entscheidung für den Bau des Atomkraftwerk Bataan(BNPP) bekannt. Das Marcos-Regime sah in der Investition in der Atomkraft die Lösung für die Abhängigkeit von Ölimporten und den Energiebedarf. Westinghouse erhielt den Bau-Auftrag über Herminio Disini, einen Marcos-Vertrauten, der als "spezieller Verkaufsvertreter" fungierte. Westinghouse bestach Disini und Marcos mit mindestens 17 Millionen US-Dollar, um sich den Vertrag zu sichern. Die Einwohner*innen von Bataan und die philippinischen Bürger*innen wehrten sich jedoch heftig gegen das AKW wegen der damit verbundenen Gefahren für Mensch und Umwelt. Mit Erfolg: Das AKW wurde nie in Betrieb genommen.

Das verlassene AKW Bataan, fotografiert im Jahr 2011 Das AKW Bataan (BNPP) wurde in den Medien als weißer Elefant, als teure Zitrone und als Monument der Gier, Korruption und Torheit bezeichnet.

In einer von Korruption und Unterdrückung geprägten Atmosphäre, die das Kriegsrechtsregime kennzeichnete, wurde 1977 mit dem Bau des Atomkraftwerks Bataan (BNPP) in Napot in Morong, Bataan, begonnen. Der Standort liegt neun Kilometer vom Vulkan Mt. Natib entfernt, der zwischen der Philippinischen Verwerfung und der West-Luzon-Verwerfung und stark erdbebengefährdet ist.. Die Kosten beliefen sich auf 2,2 Milliarden US-Dollar.

Nach dem Unfall von Three Mile Island 1979 in den USA wurde der Bau des BNPP sofort gestoppt. Bei einer Untersuchung der Sicherheit des AKWs wurden 4.000 Mängel festgestellt. "Herr Marcos und seine Atomberater werden vielleicht lange dafür in Erinnerung bleiben, dass sie das teuerste und gefährlichste AKW der Welt gebaut haben und damit den heutigen und künftigen Generationen von Filipinos enorme Auslandskredite aufbürden", so der ehemalige Senator Lorenzo Tanada am 6. August 1983.

    Die Antwort der Bevölkerung: Eine Koalition für atomfreie Philippinen

Im Januar 1981 gründete Lehrern, Landwirte, Studente, Gesundheitsfachleuten, Technokraten, Politiker, Wissenschaftler und Forschern, Umwelt- sowie Menschenrechtsaktivisten den NFPC - die Nuclear Free Philippines Coalition (NFPC). Diese Koalition sollte den Widerstand gegen das AKW stärken und organisieren. Sie entwickelte sich zu einer kampagnenorientierten Koalition von 129 nationalen und sektoralen Organisationen im ganzen Land, vereint in der Vision eines atomfreien Philippinen. Auch religiösen Organisationen wie der United Church of Christ in the Philippines (UCCP) unterstützten die NFPC. Ihre unmittelbare Hauptaufgabe bestand darin, den Bau und den Betrieb des AKWs zu verhindern. Das Bataan-AKW-Projekt wurde als potenzielle Gefahr für die öffentliche Gesundheit und wegen der Risiken kritisiert, die mit dem Standort des Kraftwerks in einem erdbebengefährdeten Gebiet auf der Halbinsel Bataan verbunden sind. Außerdem war das Kraftwerk weniger als 180 Kilometer von Metro Manila entfernt, so dass mehrere Wirtschaftszentren und regionale Sektoren betroffen waren.

Die NFPC begann mit landesweiter Organisation, Lobbyarbeit, Protestaktionen, Medienarbeit und internationaler Solidarität, um internationale Unterstützung für die Anti-Atomkraft-Kampagne zu gewinnen. Die Bildung einer energischen provinzweiten Bewegung - der Bewegung für ein atomfreies Bataan - war entscheidend für die Entwicklung des Themas zu einem nationalen Anliegen. Der Widerstand gegen das BNPP wurde zu einem wichtigen nationalen Thema gegen das diktatorische und faschistische Regime von Marcos.

    Kampf gegen die Präsenz von US-Militärstützpunkten

Im Laufe der Anti-BNPP-Kampagne begannen die Aktivist*innen, ihren Protest auch gegen die US-Militärbasen auszuweiten. Es wurde vermutet, daß diese Stützpunkte auch Atomwaffen auf philippinischem Boden beherbergen. Die Koalitionen argumentierten, dass die amerikanischen Stützpunkte auf den Philippinen eine ständige nukleare Bedrohung durch andere gegnerische Nationen der Vereinigten Staaten darstellten und dass auf diesen Stützpunkten Atomtests durchgeführt wurden. Die nuklearen Bedrohungen und die Stützpunkte stellten auch eine ausländische Einmischung der Vereinigten Staaten da

Am 26. Oktober 1983 marschierten etwa 500 Demonstrierende durch Manila von der Universität der Philippinen zur US-Botschaft, ein Marsch von mehreren Meilen. . Während dieser Zeit nahmen die Aktivist*innen auch an einer Anti-Atomabrüstungskonferenz teil, um die Öffentlichkeit zu diesem Thema aufzurütteln.

Am 13. Juni 1984 versammelten sich etwa 2.000 Aktivisten vor der US-Botschaft und verbrannten ein vor der Botschaft aufgestelltes Bildnis von Uncle Sam, einem Symbol der Unterdrückung durch das US-Militär. Am 6. Oktober verbrannten etwa 2.000 Aktivisten vor der Bataan-Atomanlage das Abbild eines Totenkopfes.

Am 18. Juni 1985 begann in Balanga, der Hauptstadt von Bataan, ein dreitägiger Protest unter dem Namen "Welgang Bayan Laban sa Plantang Nukleyar" ("Volksstreik"). Am 20. Juni beteiligten sich dann rund 33 000 Aktivist*innen und Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten an der größten Protestaktion der Kampagne. Die Aktion bestand aus einem Marsch, einer Kundgebung und einem Streik. Dies war die historische Demonstration, die die gesamte Provinz Bataan zum Stillstand brachte. Sie mobilisierte 22 Anti-Atomkraft-Organisationen und zwang nicht nur das Gebiet zum Stillstand. Die geplante Brennelemente-Beladung des AKW konnte nicht stattfinden.Auf ihrem Höhepunkt legte sie fast die ganze Nation lahm. Am 20. September protestierten wieder tausende Aktivist*innen zwei Tage lang auf der Halbinsel Bataan. Während dieses Protestes tötete die New Peoples Army sieben Aktivist*innen.

    1986: AKW Bataan wird eingemottet

Im Februar 1986 stürzte das philippinische Volk das diktatorische und faschistische Regime von Marcos durch eine massive Demonstration der Empörung des Volkes während der "People‘s Power Revolution". Am 30. April 1986 beschloss die neu installierte Aquino-Regierung als Reaktion aufgrund des heftigen Widerstands der Einwohner*innen von Bataan und eines breiten Querschnitts der Bevölkerung sowie im Zusammenhang mit de Atomkatastrophe von Tschernobyl, das Kraftwerk zu schließen und "einzumotten", gerichtlich gegen Westinghouse vorzugehen und einen Kabinettsausschuss für das AKW zu bilden, der Optionen und Alternativen prüfen sollte.

Die Entscheidung der philippinischen Regierung, das BNPP "einzumotten", war ein Sieg für die Menschen auf Bataan und für die Koalition, der den Weg für eine Erweiterung der Ziele der Koalition ebnete. Die Koalition verlagerte ihre Kampagne noch stärker gegen Atomwaffen und konzentrierte sich auf die US-Militärbasen und -Truppen sowie auf Atomwaffen.

    Philippinen wird frei von US-Militärstützpunkten und atomwaffenfreies Land

Als Präsident Aquino den Verfassungskonvent einberief, setzte sich die Koalition für eine Atomwaffenfreiheitsklausel in der neuen Verfassung ein, die vom philippinischen Volk mit überwältigender Mehrheit ratifiziert wurde. Ein zentraler Inhalt der damaligen Arbeit der Koalition war die Erklärung zahlreicher Provinzen, Städte, Gemeinden und Schulen zu atomwaffenfreien Zonen. Die philippinische Verfassung bot dem philippinischen Senat eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Abkommens zwischen der Republik der Philippinen (RP) und den USA über Militärstützpunkte im Jahr 1991 und ebnete damit den Weg für ein Land, das nicht nur atomwaffenfrei, sondern auch frei von Stützpunkten ist. Im November 1992 beendete der endgültige Abzug der US-Truppen und die Schließung von Militäreinrichtungen fast ein Jahrhundert der US-Herrschaft und Besatzung der Philippinen. Allerdings hatten die US-Einrichtungen tonnenweise Giftmüll hinterlassen.

Nach dem Abzug der amerikanischen Militärs im Jahr 1992 wurde schließlich die People‘s Task Force for Bases Clean-Up (PTFBC) von der NFPC gegründe. Sie diente von 1993 bis 1996 als Sekretariat der Task Force fungierte und unterstützte die Sanierung der Stützpunkte. Dies gipfelte im November 1996 im Ersten Internationalen Forum für Militärgifte und die Säuberung von Basen. Das NFPC dient weiterhin als nationales Zentrum für die Behandlung von Fragen der Anti-Atomkraft, des Antiimperialismus und der Konversion ausländischer Basen. Die ehemaligen Stützpunkte sind heute profitable Touristenattraktionen auf den Philippinen, wie die Subic Naval Bay in Subic und der Clark Air Base in Clark, Pampanga, die ein Erbe der Anti-Atomkraft-Bewegung sind.

    Die zweite Welle der Proteste gegen das BNPP

Neben der massiven Lobbyarbeit initiierte der NFPC die Bildung eines Netzwerks von BNPP-Gegnern, um eine breitere Basis von Organisationen und Einzelpersonen zu schaffen, die die öffentliche Meinung mobilisieren und Druck auf die Regierung ausüben sollten, um den einseitigen Aquino-Westinghouse-Vergleich zu vereiteln und den Betrieb des umstrittenen AKWs zu verhindern.

Der Aquino-Westinghouse Vergleich beinhaltete:

  • Die Klage gegen Westinghouse würde fallen gelassen;
  • Die Eskalationsklauseln würden jegliche Zahlungen von Westinghouse an die Philippinen zunichte machen;
  • Westinghouse würde nicht für die Kosten der Stilllegung der Atommüllentsorgung usw. haften; und
  • Die geschätzten Gewinne für die National Power Corporation waren entweder falsch oder zumindest fragwürdig.

Der philippinische Senat und das Repräsentantenhaus lehnten die Vergleichsvereinbarung ab.

Am 2. April 1992 wurde das Network Opposed to the Bataan Nuclear Power Plant (NO to BNPP) offiziell ins Leben gerufen, um den Betrieb des AKWs zu blockieren und die außergerichtliche Einigung zwischen Aquino und Westinghouse zu verwerfen, den Prozess gegen Westinghouse und die in den Betrug verwickelten Banken fortzusetzen und die Verbriefung und Auszahlung der BNPP-Kredite zu blockieren. Um ein möglichst breites Publikum zu erreichen und eine informierte öffentliche Meinung zu schaffen, wurde ein medienübergreifender Ansatz gewählt.

Trotz der begrenzten Mittel für eine öffentlichkeitswirksame Kampagne wurde jede Gelegenheit und jeder Ort genutzt, um das Thema in der breiten Öffentlichkeit zu platzieren. Das Radioprogramm "Radyo Kasarinlan" (Radio Souveränität) wurde beibehalten, um auch entlegene Dörfer zu erreichen, in denen es keine Zeitungen gab. Das NFPC-Ressourcenzentrum und die Bibliothek wurden für Forscher zu Atomfragen eröffnet.

Das Network Opposed to BNPP forderte die Aussetzung aller Zahlungen für die verbleibenden BNPP-Darlehen und brachte weitere Sicherheits- und andere relevante Fragen gegen den Betrieb des BNPP vor. Es drängte auch auf ein Verbot von Westinghouse-Geschäften, selbst als die Regierung jede Einigung ablehnte, da sie größere Angebote erwartete und die politischen Konsequenzen eines so kontroversen Themas wie des BNPP vermeiden wollte.

    Ein zweites Mal reingelegt

In seinem Eifer, auf den Philippinen wieder ins Geschäft zu kommen, schnürte Westinghouse im Februar 1995 erneut ein sehr einseitiges 52-Millionen-Dollar-Vergleichspaket, das hauptsächlich aus Rabatten und Preisnachlässen für künftige Käufe bestand.

Es war, als ob man den Schaden noch vergrößerte. Es war keine Überraschung, als die klamme philippinische Regierung im Oktober 1995 ein 100-Millionen-Dollar-Vergleichspaket unterzeichnete, das Westinghouse von jeglicher Haftung für die defekte Anlage befreite; es beendete das zweijährige Verbot von Westinghouse-Ausrüstung im Stromsektor des Landes, auf Kosten der philippinischen Bevölkerung, die immer noch 300.000 US-Dollar pro Tag allein für die Zinsen des BNPP-bezogenen Kredits zahlen musste, eine untragbare Ausgabe für ein Volk, das durch die zügellose Ausplünderung durch Marcos und seine Clique verarmt war.

    Atomenergie für die Philippinen 2000

Die Bewegung sieht sich weiterhin mit Herausforderungen konfrontiert, da Versuche unternommen wurden, das stillgelegte AKW Bataan in Betrieb zu nehmen. Im Jahr 2017 hat die Korea Hydro & Nuclear Power Co. Ltd. (KEPCO) und die russische Rosatom Verhandlungen über die Wiederinbetriebnahme des Kraftwerks an. Die anti-Atombewegung reagierte sofort und brachte schnell Bedenken hinsichtlich der langfristigen Entsorgung hochgiftiger Abfälle, Sicherheits- und Gesundheitsproblemen, der Abhängigkeit von importiertem Uran, der hohen Kosten für die Stilllegung und anderer negativer Auswirkungen vor.

Am 12. Mai 1995 unterzeichnete Präsident Ramos die Durchführungsverordnung 243, "Umfassendes Atomenergieprogramm für die Philippinen 2000". Die Anordnung signalisierte die Absicht der Regierung, ein umfassendes Atomprogramm zu starten, bei dem nicht nur ein, sondern mehrere AKWs errichtet werden sollten. Der Erlass beauftragte einen behördenübergreifenden Ausschuss mit der Durchführung einer landesweiten Kampagne über die angeblichen Vorteile der Atomenergie, der Ermittlung von Lagermöglichkeiten für Atommüll und der Untersuchung von Problemen und Fragen im Zusammenhang mit dem Betrieb von Atomkraftwerken. Der Atomentwicklungsplan sah drei Zeitpläne vor:

Kurzfristiger optionaler Ansatz,

  • 1994-1998. Betrieb des BNPP innerhalb von drei Jahren nach der behördlichen Aufrüstung.
  • Mittelfristiger Ansatz, 1994-2005. Das BNPP würde nicht reaktiviert werden. Die Kernenergie könnte etwa 5.000 MW als Teil der erforderlichen Grundlast von 9.600 MW im Rahmen des Energieentwicklungsprogramms liefern.
  • Langfristiger Ansatz - 2005-2020. Erzeugung von etwa 25.000 MW Strom aus Kernenergie bis 2020, wenn die Gesamtnachfrage 52.000 MW betragen würde.

Die Regierung hat mit Unterstützung der IAEO Programme zur Förderung der öffentlichen Akzeptanz der Atomenergie für multinationale Unternehmen in Asien aufgelegt, da die Atomindustrie in den westlichen Industrieländern einen Niedergang erlebt. Die Atomindustrien setzten ihre Marketingkampagne fort, um ihre alten, veralteten und defekten Atomreaktoren nach Asien zu verkaufen. Das Thema Atomenergie wurde bereits in die Lehrpläne der Schulen aufgenommen, und an den Hochschulen wurden Studiengänge für Atomtechnik und -wissenschaft gefördert.

Im Dezember 1996 gab das Energieministerium 10 Standorte für den Bau von AKWs bekannt. Diese jüngsten Entwicklungen sind eine neue Herausforderung für die Anti-Atomkraft-Bewegung auf den Philippinen, die weiter wächst und in ihrer Kampagne legale und außerlegale Methoden einsetzt.

    Der anhaltende Kampf für atomfreie Philippinen

Der Sieg der Anti-Atomkraft-Bewegung gegen das BNPP und ihre erfolgreiche Kampagne gegen die US-Militärbasen auf den Philippinen sind klare Beispiele dafür, was eine vereinte und entschlossene Bevölkerung tun kann, um sein gemeinsames Ziel zu erreichen.

    Aber der Kampf ist noch lange nicht vorbei.

Heute sind wir mit dem Atomenergieprogramm der Regierung vor dem Hintergrund der zunehmenden wirtschaftlichen und politischen Krise, der Atomisierung der asiatischen Region und der fortgesetzten Angriffe und Ausbeutung der Bevölkerung und der Umwelt konfrontiert, die deren sozioökonomische und politische Lage stark beeinträchtigen.

Hinzu kommt das finstere Komplott der Estrada-Regierung zur Wiederherstellung der autoritären Herrschaft durch Verfassungsänderungen, die Einführung des repressiven Nationalen Identifizierungssystems und die Zustimmung der Regierung zu einem neuen Militärabkommen mit den USA, das die Rückkehr der US-Militärtruppen auf die Philippinen ermöglicht.

Der fortgesetzte Kampf für ein stom- und atomwaffenfreies Philippinen ohne Stützpunkte wird diesen Herausforderungen mit starker internationaler Solidarität begegnen, die entschlossener und engagierter ist als während der Marcos-Diktatur.@

Quellen:
wiseinternational.org
nvdatabase.swarthmore.edu
en.wikipedia.org

 

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