Durch atomare Abschreckung Krieg verhindern und Frieden sichern? von aaaRed Die Logik der atomaren Abschreckung sei der effektivste Weg zur Verhinderung eines Atomkrieges, wird uns immer wieder suggeriert. "Was für eine lebensgefährliche Unlogik: Die Existenz von Atomwaffen verhindert einen Atomkrieg! Dabei gibt es nur einen absolut sicheren Weg, den Atomkrieg auszuschließen, nämlich die komplette Nichtexistenz von Atomwaffen" (Daniela Dahn)
als Sicherheitsdoktrin der Atomwaffenstaaten und ihrer Verbündeten Die atomare Abschreckung gilt seit dem Zweiten Weltkrieg als Eckpfeiler der Sicherheitsdoktrin der Atomwaffenstaaten und ihrer Verbündeten. Ausgangspunkt der Abschreckung ist die gegenseitige Verwundbarkeit. Beide Seiten streben danach, sich im Wettrüsten Vorteile zu sichern, um notfalls stärker zu sein, auf jeden Fall aber eine gesicherte Zweitschlagskapazität zu behalten. Wer zuerst schießt, stirbt als Zweiter. Abschreckung bleibt dabei Spekulation, die sich darauf verlässt, dass der Gegner rational handelt, Missverständnisse und Fehlalarme auszuschließen sind.
unsere größte Bedrohung Die Strategie der Abschreckung geht nicht auf. Die Atombomben sollen unsere Versicherungspolice vor feindlichen Angriffen sein – falls Diplomatie oder andere Formen der Kriegsvorbeugung versagen. Aber: Atomwaffen selbst sind die größte Bedrohung für die Sicherheit auf unserer Erde. Wie Isaac R. Raabi, Physiker und Augenzeuge des ersten Atombombentests sagte: "Plötzlich war der morgige Tag der Tag des jüngsten Gerichts, und so ist es geblieben". In den Hochzeiten des Kalten Krieges waren allein in Westeuropa 7.300 US-Atomwaffen stationiert. In Westdeutschland lagerten tausende Atomsprengköpfe in mehr als hundert Depots. Und auch die DDR war voll mit sowjetischen Atomraketen. Eine extrem unsichere Situation, in der die Welt mehrfach nur knapp einer atomaren Katastrophe entkommen ist.
Abschreckung birgt Gefahren:
Während es außer in Hiroshima und Nagasaki glücklicherweise bisher zu keinem weiteren kriegerischen Einsatz von Atombomben gekommen ist, zeigt eine Liste der atomaren Beinahe-Unfälle (nuclear close calls),die zumindest einer unbeabsichtigten nuklearen Detonation oder Explosion hätten führen können. Seit den 1950er Jahren bis Anfang der 1990er Jahre sind insgesamt mindestens 16 Vorfälle dieser Art bekannt geworden sind, die einen Atomkrieg hätten auslösen können.
als Folge von Fehleinschätzung, technischem Fehler und menschlichem Versagen. Unbeabsichtigter Einsatz: Die Atommächte behaupten, dass sie Atomwaffen ausschließlich bereithalten, um mögliche gegnerische Angriffe abzuwehren und dass sie grundsätzlich davon ausgehen, diese Waffen nie einsetzen zu müssen. Aber selbst wenn nicht beabsichtigt wäre, diese Waffen jemals einzusetzen, so kann die Gefahr eines Atomkrieges als Folge eines technischen Fehlers, einer Fehleinschätzung der politischen Lage oder menschlichen Versagens nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Die Angst vor einem unbeabsichtigten Atomkrieg begleitet uns, seit Atomwaffen für militärische Zwecke zur Verfügung stehen. Es existiert ein permanentes Risiko, dass Regierungen in kritischen Lagen den Gegner in seiner Handlungsweise falsch interpretieren und dadurch zu gravierenden Fehlentscheidungen veranlasst werden. Selbst die Stationierung von Atomraketen (siehe Kubakrise) kann falsch eingeschätzt werden und die Gefahr eines atomaren Erstschlags auslösen. Da Interkontinentalraketen innerhalb von ca. 30 Minuten von den USA nach Russland und umgekehrt ihre Ziele erreichen können, verbleibt nur wenig Zeit, den Einsatz von Atomwaffen zu beschließen, zu befehlen und auszuführen. Selbst wenn alle technischen Systeme fehlerfrei funktionieren, bleibt das Risiko einer individuellen Fehlentscheidung auf den verschiedenen Entscheidungsebenen unverändert bestehen. Heute werden ca. 2.000 Atomwaffen ständig in höchster Alarmbereitschaft (Launch on Warning, LOW) gehalten. Sie werden gestartet, wenn ein atomarer Angriff des Gegners vom Frühwarnsystem gemeldet wird. Ein Fehler im Frühwarnsystem kann zu einer versehentlichen "Antwort" auf einen gar nicht existenten Angriff führen. In einem solchen Fall gibt es nur wenige Minuten, um festzustellen, ob ein Fehler vorliegt .
Die Stationierung sowjetischer Atomraketen in der Karibik versetzte die USA und ihre Alliierten in höchste Alarmbereitschaft – eine militärische Konfrontation der beiden Großmächte schien sehr wahrscheinlich. Die Kubakrise stand unter dem Eindruck des misslungenen Invasionsversuches in der Schweinebucht 1961 – einem Unternehmen, das von CIA-unterstützten Exilkubanern durchgeführt worden war. Die USA hatten damit bewiesen, wie ernst sie es mit dem Sturz der Regierung Castro meinten. Sowohl Chruschtschow als auch Fidel Castro rechneten fest mit einer weiteren Landung, die allerdings nicht wieder so stümperhaft durchgeführt werden würde. Die Stationierung von Atomraketen sollte jedem weiteren Invasionsversuch vorbeugen. Diese geopolitische Krise zwischen den beiden damaligen Supermächten USA und Sowjetunion wurde durch einen Kompromiss beendet, bei dem Chruschtschow die von den USA als bedrohlich angesehenen russischen Raketen in Kuba abzog und im Gegenzug Kennedy auf entsprechende in der Türkei stationierte, gegen die Sowjetunion gerichtete Atomraketen verzichtete. Der Kompromiss, der 1962 eine atomare Katastrophe verhindert hat, soll das Ergebnis einer Absprache zwischen den beiden verantwortlichen Politikern hinter dem Rücken der Militärs und der Geheimdienste gewesen sein. Deshalb war ein Mindestmaß an gegenseitigem Vertrauen Voraussetzung für das Zustandekommen eines derartigen Übereinkommen. Das ist in Krisenzeiten nicht immer gewährleistet. Auf dem Höhepunkt der Kuba-Krise hätte ein sowjetisches U-Boot in der Nähe der von den USA errichteten Sperrzone um Kuba beinahe einen nuklear bewaffneten Torpedo abgefeuert, während es von amerikanischen Zerstörern verfolgt wurde.Das Boot hatte wegen schwacher Batterien den Kontakt zu seiner Leitstelle in der Sowjetunion verloren und der Kommandant befürchtete, dass der Krieg gegen die USA bereits begonnen hatte. Er ordnete den Einsatz eines Atomtorpedos mit einer 10-Kilotonnen-Bombe, vergleichbar mit der Hiroshima-Bombe, gegen die amerikanische Flotte an, die das Boot bedrängte. Für den Abschuss des Torpedos hätten drei Verantwortliche des U-Boots zustimmen müssen. Der Kapitän und ein weiterer Verantwortlicher gaben ihre Zustimmung für den Abschuss, aber der zweite Befehlshaber, der junge sowjetische Marine-Offizier Wassili Archipow, verweigerte seine Zustimmung. Es gelang ihm, den Kapitän zu beruhigen, und das Boot konnte wieder auftauchen und Kontakt mit seiner Leitstelle aufnehmen Als Folge der Kubakrise (1962) verständigten sich die USA und die Sowjetunion bereit 1963 auf die Einrichtung eines sogenannten "heißen Drahtes" zwischen Moskau und Washington. In Ergänzung dazu beschlossen beide Staaten ab 1971, sich gegenseitig alle Testversuche vorab und eventuelle Unfälle mit Interkontinentalraketen unverzüglich anzuzeigen.
Militärische Fehlalarme hat es schon seit dem Anfang des atomaren Zeitalters gegeben. Eine besondere Gefahr entfalteten sie aber in den Jahren erhöhter Spannungen zwischen den beiden Machtblöcken. Das traf insbesondere für die späten 70er und 80er Jahre zu, als ein erneutes atomares Wettrüsten die Entspannungspolitik ablöste und das gegenseitige Misstrauen zwischen den beiden Weltmächten einen neuen Höhepunkt erreichte. Erinnerungen von Zeitzeugen und die seit 1989/1990 freigegebenen Akten aus sowjetischen Geheimarchiven zeigen, in wie vielen, bisher oft unbekannten Fällen die Welt nur knapp einem Atomkrieg entkommen ist. Trotz aller Absprachen und modernster gegenseitiger Satellitenüberwachung kam es wiederholt zu kritischen Situationen
Sie funktionierten aber nicht immer einwandfrei, wie die amerikanische Militärführung am 9. November 1979 feststellen musste. Im Morgengrauen dieses Tages meldete General William Odom, Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates, dem Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter, dass sich etwa 220 Nuklearraketen im Anflug auf die USA befänden. Minuten später meldete das System einen massiven Angriff mit über 2.000 sowjetischen Raketen. Da andere Teile des Frühwarnsystems diese Meldungen nicht bestätigten, konnten die Vorbereitungen für einen sofortigen amerikanischen Vergeltungsschlag gerade noch abgewendet werden. Es stellte sich heraus, dass ein Techniker des NORAD, des Nordamerikanischen Luft-Verteidigungskommandos, versehentlich Daten ins Computersystem des US-Abwehrsystems eingespeist hatte, die einen atomaren Schlag der Sowjetunion simulieren sollten. Dies war nur eine von fünf Pannen innerhalb von acht Monaten in den Jahren 1979/1980.
Am 26. September 1983 war Oberstleutnant Stanislaw Jewgrafowitsch Petrow diensthabender Offizier im Serpuchow-15-Bunker außerhalb von Moskau, wo er mit der computer- und satellitengestützten Überwachung des Luftraumes betraut war. Kurz nach Mitternacht meldete der Computer den Anflug einer einzigen amerikanischen Atomrakete. Da Petrow von der Wahrscheinlichkeit eines viel größeren Angriffs ausging, interpretierte er dies als Fehlmeldung, zumal sich das Frühwarnsystem bereits mehrmals als unzuverlässig erwiesen hatte. Als das Computersystem etwas später den Abschuss von vier weiteren Raketen meldete, beschloss Petrow, auch diese Nachricht seinen militärischen Vorgesetzten vorzuenthalten. Er hatte zwar keine Möglichkeit, die Richtigkeit seiner Einschätzung zu überprüfen, nach wie vor glaubte er aber, dass in der angespannten internationalen Lage der frühen 80er Jahre die USA nur einen Angriff viel größeren Ausmaßes wagen würden. Es stellte sich heraus, dass das satellitengestützte Raketen-Frühwarnsystem Sonnenreflexionen auf Wolken in der Nähe der Malstrom Air Force Base in Montana, wo amerikanische Interkontinentalraketen stationiert waren, als Raketenstarts interpretiert hatte. Indem sich Petrow eigenmächtig über seine Dienstvorschriften hinwegsetzte, verhinderte er eine katastrophale Eskalation der militärischen Gewalt.
dem Atomkrieg knapp entkommen Weniger als zwei Monate später kam es zu einem weiteren Vorfall, der vielleicht prekärsten internationalen Krise seit der Kuba-Krise. Am 2. November 1983 begann Able Archer, ein zehntägiges Nato-Manöver, an dem hochrangige Politiker und Militärs teilnahmen und das den Ernstfall eines Atomkriegs simulieren sollte. Die Sowjetunion ging davon aus, dass diese Übung der Vorwand für einen echten Atomschlag der Nato-Mächte sein könnte. Schon seit 1981 war die sowjetische Führung überzeugt davon, dass ein amerikanischer Militärschlag bevorstehe. Deshalb hatte sie auch das bisher größte Spionage-Projekt in der Geschichte der Sowjetunion angeordnet: Operation Ryan, eine Spionageoffensive, die Pläne des Westens für einen Angriff aufdecken sollte. Der Eindruck eines bevorstehenden Atomschlags wurde durch eine Reihe von Ereignissen im Laufe des Jahres 1983 verstärkt: Am 23. März kündigte Präsident Reagan seine Strategic Defense Initiative (SDI) an und heizte damit die Debatte um das Wettrüsten weiter an. Am 1. September 1983 wurde eine koreanische Passagiermaschine wegen Verletzung des sowjetischen Luftraums von der sowjetischen Luftwaffe abgeschossen. Und am 25. Oktober 1983 schließlich besetzten die USA die Insel Grenada, um dem Aufbau eines kommunistischen Regimes zuvorzukommen. Die Sowjetunion versetzte ihre Streitkräfte in Alarmbereitschaft. Erst mit dem Ende des Manövers entspannte sich die Situation. Jetzt erst wurde der amerikanischen Staats- und Militärführung klar, wie ernst die sowjetische Befürchtung eines atomaren Schlags zu nehmen waren und wie sehr nukleare Planspiele wie Able Archer den Weltfrieden gefährden konnten.
Die sowjetische Radarüberwachung erkannte eine feindliche Rakete, die von der norwegischen Küste Richtung Russland unterwegs war. Der russische Präsident Jelzin glaubte an einen Angriff und erklärte darauf hin seinerseits den atomaren Einsatz. Es verblieben nur wenige Minuten und glücklicherweise stellt sich nach ca. 8 Minuten heraus, dass die angeblich feindliche Interkontinentalrakete einen anderen Kurs folgte. Später stellte sich heraus, dass der Einsatz von den US ordnungsgemäß angezeigt worden war, aber aus unerklärlichen Gründen nicht die zuständigen sowjetischen Stellen erreicht hatte. Die Beispiele zeigen, dass wir es mutigen und selbstständig denkenden Menschen und darüber hinaus Zufällen und glücklichen Umständen zu verdanken haben, dass es im ersten Kalten Krieg zu keinem nuklearen Inferno gekommen ist. Da in jüngerer Zeit immer mehr Staaten, die nicht über die technischen Möglichkeiten der USA oder Russlands verfügen, Atomraketen einsatzbereit haben, steigt die Gefahr eines unbeabsichtigten Einsatzes ständig an. Die atomare Bedrohung nimmt nicht ab, im Gegenteil sie wächst.
Die Abschreckung beruht auf der "glaubwürdigen" Drohung eines Einsatzes von Atomwaffen. Im Ernstfall möchte man einem Angriff des Gegners zuvor kommen. Das heißt, dass in einem schwerwiegenden Konflikt, eine Partei zu der Überzeugung gelangen kann, dass dieser Zeitpunkt nun gekommen ist: Der Zeitpunkt mit Atomwaffen anzugreifen, bevor die Gegenseite ihre Atomwaffen einsetzt. Allein die Existenz von Atomwaffen, -Beispiel Kuba-Krise- kann solche Gedanken provozieren. Die USA und Russland verfolgen nach wie vor diese Politik des Erstschlags von Atomwaffen. Auch im Ukrainekrieg ist die Idee eines präventiven Erstschlags am 7.Oktober von Präsident Selensky geäußert worden: "Was soll die NATO tun? Den Einsatz von Atomwaffen durch Russland unmöglich machen. Wichtig ist aber, dass es Präventivschläge sind, damit sie wissen, was ihnen blüht, wenn sie sie anwenden.Die Welt dürfe nicht auf Schläge von Russland warten, um dann zu sagen: Ach, du kommst mir so, dann bekommst du jetzt von uns." Wegen öffentlicher Aufregungruderte er schnell wieder zurück.
daß sich eine atom,are Eskalation im aktuellen Kriegsgeschehen entwickeln kann kann. @
Quellen: |
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anti-atom-aktuell.de |