AKW Saporoshje: Die Verwundbarkeit von AKWs bei militärischen Konflikten von aaaRed AKWs gehören zu den komplexesten und empfindlichsten Industrieanlagen, die ein sehr großes Bündel von Ressourcen benötigen, um sie jederzeit betriebsbereit zu halten. Dies kann im Fall einer Naturkatastrophe oder in einem Krieg nicht garantiert werden. Ein in Betrieb befindliches AKW benötigt jederzeit Strom für den Betrieb der Pumpen und Wasserversorgung zur Kühlung des Kernbrennstoffs, sowohl im Reaktor als auch im angrenzenden Becken für abgebrannte Brennelemente. Selbst wenn der Reaktor abgeschaltet ist, befindet sich eine enorme Menge an Restwärme im Brennstoffkern, der ständig gekühlt werden muss. Ohne Kühlung beginnt sich das Wasser im Reaktorkern (und Brennelementlagerbecken) zu erhitzen. Im Falle eines in Betrieb befindlichen Reaktors erfolgt die Erwärmung sehr schnell. Das Wasser erreicht den Siedepunkt und beginnt zu verdampfen, und die heißen Reaktor-Brennelemente laufen Gefahr, der Luft ausgesetzt zu werden, was dann zu einer thermischen Reaktion der Brennelementhüllen und der Reaktorkernschmelze führen würde. Im Falle von Atombrennstoff in abgebrannten Brennelementen wird die stark exotherme chemische Reaktion als Runaway-Zirkonium-Oxidation Reaktion oder autokatalytische Zündung genannt, bei der eine sehr große Menge an Radioaktivität freigesetzt wird. Auch ohne physische Beschädigung des AKWs, etwa durch einen absichtlichen oder versehentlicher Artillerie- oder Raketentreffer, ist ein AKW sehr anfällig für eine Störung der Unterstützungssysteme. Ein AKW, das in Betrieb ist, benötigt aktive Systeme, die jederzeit funktionsfähig bleiben. Dazu gehören viele Aspekte, nicht nur die Stromversorgung, sondern auch die Kühlung durch Wasser und die ständige Anwesenheit von qualifiziertem Personal zum Betrieb der Anlage. Selbst lm Normalbetrieb müssen Hunderte von Arbeitern in der Lage sein, das AKW von ihrem Wohnort aus zu erreichen, was unter Kriegsbedingungen natürlich nicht möglich ist. In einem Szenario, in dem es zu einer technischen Störung kommen würde, z. B. wenn das Stromnetz ausfällt oder einige der Dieselgeneratoren nicht richtig anspringen, muss es möglich sein, schnell große Mengen an Ausrüstung und zusätzlichem Personal zu mobilisieren z.B. schwere Ausrüstung wie massive Kräne und spezialisierte Kranführer, Feuerwehren, schwere Pumpen usw. heranzuschaffen. Jede technische Störung, aus welchem Grund auch immer, erfordert eine große logistische Operation auf nationaler Ebene, die durch die Kriegsaktivitäten rund um das Kraftwerk stark eingeschränkt sein könnten. Im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein AKW über einen längeren Zeitraum vom Netz getrennt wird. Dies würde Notstromdieselaggregate erfordern, die zuverlässig funktionieren und mit ausreichendem Brennstoff versorgt sind, bis die Netzverbindung wiederhergestellt ist.
Gefahren am AKW Saporoshje Der bewaffnete Konflikts in der Region der Stadt Energo und Saporoshje lässt große Risiken für das AKW Saporoshje befürchten. An dieser Atomanlage mit sechs russische Reaktoren des Typs WWER-1000/320 (Blöcke 1-6) befindet sich auch ein Trockenlager für hochaktive abgebrannte Brennelemente (DSFSF). Im Jahr 2017 lagerten am Standort 2.204 Tonnen abgebrannte Brennelemente – 855 Tonnen in den Becken für abgebrannte Brennelemente und 1.349 Tonnen in der DSFSF. Ende 2020 befanden sich 163 Behälter mit 3.912 Brennelementen in der DSFSF-Lagerstätte.
1. Anfälligkeit für den Ausfall der elektrischen Energie Es bestehen erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Dieselgeneratoren von Saporoshje, einschließlich des aktuellen Stands der Nachrüstungen. Die Dieselgeneratoren von Saporishje hätten im Rahmen des Complex(CCSUP) von Energoatom nachgerüstet werden müssen. Das endgültige Datum für Fertigstellung des CCSUP wurde von 2017 auf 2023 verschoben. 2. Lagerung abgebrannter BrennelementeDie Trockenbehälter haben eine passive Kühlung, die Wärme der Brennelemente im Inneren des Behälters ist schätzungsweise weniger als 24 kW und kann durch die Luftzirkulation um den Behälter herum abgeführt werden, ohne dass der Brennstoff überhitzt. Ein solcher Behälter könnte durch eine Explosion beschädigt werden, z. B. durch eine Panzerabwehrgranate, aber sie würde höchstwahrscheinlich nicht zu einer großflächigen Freisetzung führen wie einem schweren Unfall in einem Reaktor oder einem Becken mit abgebrannten Brennelementen. Die Anfälligkeit eines Nass-Lagerbeckens für abgebrannte Brennelemente hängt stark von Schlüsselparametern wie dem Abbrand des des Brennstoffs und insbesondere davon, wie dicht der Brennstoff im Lagerbecken gelagert ist und wie kürzlich die letzte Charge aus dem Reaktor in das Becken entladen wurde. Der Abbrand ist ein kritischer Faktor und bezieht sich auf die Energiemenge, die mit einer Tonne Kernbrennstoff erzeugt wird, was gleichbedeutend ist mit der Menge an Radioaktivität im Brennstoff und seiner Restwärmeerzeugung entspricht. Dies ist einer der Hauptfaktoren, die die Wärmeentwicklung des Brennstoffs und das radiologische Inventar bestimmen. Sie wird als Gigawatt-Tage pro Tonne Schwermetall - GWd/tHM - angegeben. Die Menge der abgebrannten Brennelemente in den einzelnen Becken der sechs Reaktoren in Saporischschja schwankt zwischen 132 bis 157 Tonnen (Stand 2017), und insgesamt befinden sich 855 Tonnen abgebrannte Brennelemente in den sechs Becken. Der durchschnittliche Abbrand des Kernbrennstoffs ist vergleichbar, vielleicht sogar höher als in den Lagerbecken in Fukushima Daiichi. Im Falle eines Kühlungsausfalls und eines daraus resultierenden Brandes in einem der Becken für abgebrannte Brennelemente in Saporoshja, könnte es zu einer sehr großen Freisetzung von Radioaktivität kommen, die verheerende Auswirkungen nicht nur auf die Ukraine, sondern auch auf ihre Nachbarländer, einschließlich Russland, und möglicherweise auch auf einen großen Teil Europas hat. 3. Risiko von Überschwemmungen und DammbrüchenDas ausgedehnte Flusssystem des Dnipro ist stark überschwemmungsgefährdet. Die Reaktoren in Saporoshja liegen am Kakhovka-Stausee, der mit dem Dniproriver verbunden ist. Neben der Überschwemmungsgefahr für den Standort besteht auch die Gefahr, dass die Dämme des Dnipro-Stauseesystems beschädigt werden. Das Kühlwasser für die Reaktoren in Saporischschja wird aus diesem Stausee gepumpt. Fünf weitere Stauseen befinden sich stromaufwärts des AKW. Da das AKW auf die gefüllten Stauseen angewiesen ist, könnte sich ein Bruch der Dämme negativ auf die Kühlwasserversorgung des Reaktors auswirken, was möglicherweise schwerwiegende Folgen für die Reaktoren hätte.@
Quelle: |
||
anti-atom-aktuell.de |