Geplantes Atommülllager Schacht Konrad:

Alles "unwesentliche Änderungen"?

von Jan Becker

Die Änderungsgenehmigungen für das geplante Atommülllager Schacht Konrad sind so umfassend, dass dort "ein ganz anderes Endlager als gedacht" errichtet wird, beklagen Atomkraftgegner*innen. Die neue Umweltministerin darf die Fehler ihrer Amtsvorgänger*innen nicht wiederholen und ein zweites Gorleben entstehen lassen.

Am Schacht Konrad bei Salzgitter schafft die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) täglich Fakten. Selbst zwischen den Feiertagen sei auf der Baustelle "keine Ruhe", schrieb die BGE auf ihrer Webseite. Das provisorische Fördergerüst am Schacht 2 verschwindet. Über Tage entstehen neue Gebäude, unter Tage werden Bohrungen durchgeführt.

    Gegner*innen des Projekts fordern einmal mehr den sofortigen Baustopp

Hintergrund sind die Erkenntnisse aus einer Kleinen Anfrage des Abgeordneten Victor Perli im Bundestag. Demnach sind unter dem Deckmantel von "unwesentlichen" Änderungen seit dem Beginn des Umbaus von Schacht Konrad vom Eisenerzbergwerk zu einem Atommülllager 2009 bereits 60 Änderungsgenehmigungen ohne Öffentlichkeitsbeteiligung erteilt worden.

2009 und 2014 wurde das genehmigte Radionuklidspektrum von 156 Radionukliden auf 247 erweitert. Inzwischen seien "alle Bereiche des Atommülllagers von Änderungen betroffen": der Strahlenschutz (Kontaminationsüberwachung, Mobile Abschirmwände), die Anlieferung der Abfallgebinde (Abruflogistik, stehende Anlieferung zylindrischer Behälter) oder das Management der radioaktiven Abwässer und der radioaktiven Abluft (Grubenwasser-Übergabestation, Sonderbewetterung).

"Ohne dass die Öffentlichkeit überhaupt informiert wird, errichtet die Bundesgesellschaft für Endlagerung bei Schacht KONRAD unter der Hand ein ganz anderes Endlager als gedacht", so Ludwig Wasmus, Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad. "Viele Änderungen haben Auswirkungen auf die Sicherheit. Trotzdem schrecken BGE und Bundesregierung bisher vor einer ordentlichen Änderungsplanfeststellung zurück." Das hat einen guten Grund: Würden die Pläne neu aufgerollt, die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen zu Grunde gelegt und damit das gesamte Projekt überprüft, dann stünde es "zwangsweise" vor dem Aus, sind sich die Gegner*innen sicher.

Untermauert wurde diese Forderung von einem Gutachten der Wissenschaftler Jürgen Kreusch und Wolfgang Neumann, die im Auftrag eines Protestbündnisses die sogenannte "Überprüfung der sicherheitstechnischen Anforderungen des Endlagers KONRAD nach dem Stand von Wissenschaft und Technik" (ÜsiKo) unter die Lupe genommen hatten. Die Gutachter der Bundesgesellschaft für Endlagerung würden ihre Bewertungen wesentlich auf die zum Zeitpunkt der Begutachtung gültigen Gesetze und Verordnungen sowie die längst überholten Sicherheitskriterien für die Endlagerung radioaktiver Abfälle von 1983 stützen, bilanzierte Wolfgang Neumann im April 2021. Demnach entsprechen die Unterlagen nicht mehr dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik.

Lange überholt sei zum Beispiel die Einschätzung des Gesundheitsrisikos durch radioaktive Nuklide wie Radon. Die oben genannten Auswirkungen der Änderungen des Einlagerungskonzeptes, des Radionuklidinventars und weiterer Faktoren, seien in der ÜsiKo gar nicht betrachtet worden. Heute wird für ein Atommülllager unter Tage ein "einschlusswirksamer Gebirgsbereich" gefordert, den Konrad nicht vorweisen kann.

    Schwarzbau wie in Gorlebenicht wiederholen!

"Hier wird mit der Sicherheit der Bevölkerung gespielt und Genehmigungsrecht umgangen, nur um KONRAD mit aller Macht durchzudrücken", warnt Wasmus. Schwarzbau wie in Gorleben nicht wiederholen!

Schacht Konrad ist wie das gescheiterte Atommülllager Gorleben ein Atomprojekt der 70er Jahre. Damals ging es vor allem um einen "Entsorgungsnachweis" für den Bau und Betrieb von AKWs. Laut Schätzung der Bundesregierung würde der weitere Umbau des Erzbergwerkes weitere 1,77 Mrd. Euro verschlingen, Mittel, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsfonds entzogen werden.

Weil Konrad genau wie Gorleben nicht Ergebnis eines offenen, transparenten Standortauswahlprozesses gewesen, wissenschaftlich ungeeignet und damit politisch kaum durchsetzbar sein wird, versenkt die Bundesregierung hier weiter "sinnlos" Steuergelder, mahnt die AG an. "Deshalb fordern wir einen sofortigen Baustopp! Die Grüne Bundesumweltministerin Steffi Lemke darf nicht die Fehler ihrer Vorgänger*innen wiederholen, die alle Probleme ausgesessen haben. Die laufende Endlagersuche muss für eine Alternative zu Schacht Konrad geöffnet werden. Ein Schwarzbau wie in Gorleben darf sich nicht wiederholen."

Zur Unterstützung eines Antrags von BUND und NABU auf Aufhebung der Genehmigung von Schacht Konrad wurden im Oktober 2021 mehr als 20.000 Unterschriften an den niedersächsischen Umweltminister Lies übergeben. Dieser kündigte Gespräche mit dem Bund an, die Prüfung des Sachverhaltes dauert offenbar an.@

ausgestrahlt.de 12.1.22

 

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