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"Es kann nicht so weitergehen wie bisher." Derart allgemein formuliert dürften die wenigsten diesem
Satz widersprechen. Auch über die Themenfelder, auf die er sich bezieht, lässt sich noch relativ leicht
Einigkeit herstellen. Es darf zum Beispiel nicht: der Reichtum der Reichen und damit die Zahl der Armen immer größer werden; die Vielfalt der Lebewesen auf der Erde schwinden; die Atmosphäre sich
ständig weiter aufheizen; die Zukunft der Gegenwart geopfert werden. Dass Veränderungen dringend
nottun, darüber gibt es eine breite und weitgehend allgemeine Verständigung.
Was das konkret bedeuten soll, darüber gehen die Meinungen auseinander. In dem Kampf, der darum
geführt wird, wie einschneidend und wie grundlegend sich die Verhältnisse ändern müssen, hat Soziale
Bewegung einen wichtigen Job. "Wichtige Dinge kann mensch doch keiner Regierung überlassen!"
diese Erkenntnis galt nicht nur für den Atomausstieg. In diesem Heft stellen wir Positionen vor, die
deutlich machen, dass ohne eine radikale Abkehr vom System der Kapitalverwertungslogik die
genannten Ziele nicht zu erreichen sind.
Im krassen Widerspruch zu dieser Argumentation stehen die Werbeaussagen von denen, die für sich
reklamieren, für die Gesellschaft und die Lösung von deren Problemen zuständig zu sein. Im zurückliegenden Wahlkampf und nun beim Werben um Zustimmung für die Regierungsbildung bedienten die
Parteien wie selbstverständlich den Wunsch nach Veränderung – um ihn dann im Detail in sein
Gegenteil zu verkehren.
"Greenwashing" heißt die Methode, allgemein positiv verstandene Begriffe mit verändertem Bedeutungsgehalt zu füllen. Die Beiträge dieser Ausgabe liefern haarsträubende Beipiele. "Nachhaltig" soll
sein, wenn Kapital anleger*innen ihr Geld in den Bau und Betrieb von Atom- oder Gaskraftwerke stecken; die Vorstellung von "Klimagerechtigkeit" wird im Slogan kombiniert mit dem Versprechen von
"Wohlstand". Geht das? Lassen sich die Lasten des Klimawandels weltweit solidarisch tragen und
gleichzeitig die Privilegien aufrecht erhalten, die sich aus dem Ausbeutungsverhältnis zwischen dem
globalen Norden und Süden ergeben? Egal! Klingt gut – und wird durch Wahlstimmen honoriert.
"Mehr Fortschritt wagen" schreiben die Ampelparteien über ihr Koalitionspapier und erläutern die
Parole mit Ideen, wie der Kapitalismus durch ihre Politik einen Modernisierungsschub erfährt. Zu
einem solchen Begriff von Fortschritt reimte Walter Mossmann 1976 in seinem KKW-Nein-Rag
»Dieser Fortschritt schreitet über Leichen fort, Profitgier bewegt sein Hirn. Sein Maul frisst deine
Atbeitskraft, seine Scheiße sollst Du konsumier´n« , und nicht wenige unserer Leser*innen dürften
da irgendwann mal mitgesungen haben.
Es braucht Veränderungen. Und die dürfen kein Schritt zurück, die müssen natürlich Schritte
nach vorne sein: solche, der zerstörerische Strukturen überwinden, statt sie
durch Erneuerung aufrecht zu erhalten.
ciaaao
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