aaa-uftakt
"Das Salz zurück in die Erde!" schrieben Atomkraftgegner*innen in einer nächtlichen Aktion mit großen Lettern auf die Flanke der Salzhalde in Gorleben. Ausgerüstet mit Schubkarren, Hacken und Schaufeln drängten tags darauf Hunderte auf das Bergwerksgelände, um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen. Das war im Juni 2011.
Gut zehn Jahre später besiegelt die Politik nach langem zähen Kampf ihr Einknicken. Mitte September 2021 gab es große mediale Aufmerksamkeit für die Ankündigung, dass das Bergwerk in Gorleben tatsächlich wieder verfüllt wird. Das Salz kommt zurück! Die aaa solle eine Einordnung liefern, was das bedeutet, wurde gewünscht. Uns, die wir so nah an diesem Konflikt dran sind, kam dieser Schritt zunächst gar nicht so bedeutsam vor. Über das Aus freuen wir uns. Natürlich. Zufrieden macht es uns nicht.
Aber wenn wir dieses Medienereignis zum Anlass nehmen, den Blick auf vier Jahrzehnte des Konflikts zurück zu richten, dann scheint uns ein Aspekt doch wichtig: unter den vielen Menschen, denen wir in der Auseinandersetzung um Atomanlagen begegnet sind, waren etliche, die damit - so wie wir - die Vorstellung verbunden haben, dadurch zu einer grundlegenden Veränderung beizutragen. Es ging in Gorleben nicht nur um Gorleben, ebenso, wie es in Wackersdorf nicht nur um Wackersdorf und in Wyhl nicht nur um Wyhl ging. Es sollte ein Kampf für das ganz andere Ganze sein.
Lange vor dem Rückbau des Bergwerks, der irgendwann Mitte dieses Jahrzehnts kommen soll, stand im Jahr 1980 die Platzbesetzung gegen den Baubeginn auf einer der Bohrstellen. Seit der gleichnamige Film in den Kinos der Republik zu sehen war, ist "1004 - Der Traum von einer Sache" zum feststehenden Begriffspaar geworden. Ein Archäologe hat im vergangenen Jahr nach den Spuren des ‚Hüttendorfs 1004 gegraben, Reste der Zerstörung zutage befördert und die Grube wieder zugeschüttet.
Als wir den neuen Dokumentarfilm über die Grabung angeschaut hatten, kam die Frage, ob eigentlich wirklich alles verschütt gegangen ist - also auch das, wonach kein Archäologe graben kann. Nämlich die Träume und Hoffnungen, die Einsicht in die dringende Notwendigkeit oder auch die Begeisterung für die Idee, mit den herrschenden Strukturen imperialer Lebensweise zu brechen und Grundlagen für ein global solidarisches Zusammenleben zu entwickeln. (Damals, bei 1004, waren die Worte dafür andere.)
Diese Frage haben wir an alte Mitstreiter*innen geschickt mit der Bitte, uns ihre Gedanken dazu aufzuschreiben; einige von den Antworten bilden den Kern unseres Themenschwerpunkts, der sich um den Mythos "Hüttendorf 1004" rankt, mit Reflexionen zu Träumen, Zielen, Wunschvorstellungen.
Noch weit entfernt von möglicher Rückschau auf glorreich vergangene Tage eines gewonnenen Kampfs sind unsere Freund*innen in Bure. Dort strampeln sie zur Zeit an gegen die Arroganz der Macht, mit der ein Endlager für hochaktiven Müll in untauglichen Untergrund gebaut wird.
ciaaao
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