Small Modular Reactors – Partitionierung und Transmutation

Unhaltbare Versprechungen

von aaaRed

Nachdem es kaum noch Neubauten von klassischen AKW gibt, hofft die Atomindustrie auf Neuentwicklungen: Können neue Konzepte sie von Risiken und Altlasten befreien? Zwei Gutachten für eine Bundesbehörde stellen das infrage.

In regelmäßigen Abständen berichten die Medien über angeblich bald verfügbare neue Typen von Atomreaktoren. Aktuell ziehen vor allem die kleinen modularen Atomreaktoren (Small Modular Reactors – SMR) die Aufmerksamkeit auf sich. Die Versprechen der Entwickler: Wegen ihrer geringen Größe und dank fortschrittlicher Reaktorkonzepte seien sie auch sicherer. Durch eine standardisierte Bauweise würden die Kosten sinken. Das Atommüll-Problem lasse sich durch Umwandlung langlebiger radioaktiver Stoffe in kurzlebige in den Griff bekommen. Ein genauerer Blick zeigt aber: Die Versprechungen sind nicht zu halten. Zwei gerade veröffentlichte Gutachten mahnen zur Vorsicht.

    Dreckige Gefährliche Ablenkungen

Zwar konstatieren die Gutachter, dass sich durch das geringere radioaktive Inventar sicherheitstechnische Vorteile gegenüber größeren AKWs erzielen ließen. Allerdings gehe dies oft mit geringeren Vorkehrungen etwa bei Sicherheitssystemen oder im Notfallschutz einher. Um weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben, wird an allen möglichen Stellen gespart und immer mehr Leistung pro Reaktor angepeilt. Beides geht zu Lasten der Sicherheit. Schraubt man sie hingegen herauf, steigen auch die Kosten. Bereits in den vergangenen Jahren wurde mehrmals das Design geändert, um Kostensenkungen durch eine Verringerung der Sicherheitsreserven zu erreichen.

Beispielsweise wurde das Kühlbecken verkleinert, womit im Störfall das Wasser schneller verdampft und weniger Zeit bleibt, den Reaktor wieder unter Kontrolle zu bringen. Solche Probleme sind typisch für diese Reaktorentwicklungen. Wie der kanadische Nuklearwissenschaftler Gordon Edwards schreibt, sollten die "kleinen" Atomreaktoren deshalb besser als DDDs (Dirty Dangerous Distractions) bezeichnet werden: Dreckige Gefährliche Ablenkungen. Sie sind dreckig, weil sie wie alle Atomreaktoren radioaktiven Abfall produzieren. Sie sind gefährlich, da wie bei allen Atomreaktoren die Gefahr von Unfällen besteht, dieses Risiko durch geringere Sicherheitseinrichtungen aber noch verstärkt wird. Und sie sind Ablenkungen, weil sie von günstigeren, ungefährlicheren und sofort verfügbaren Investitionen in erneuerbare Energien ablenken.

    Gefahr der Proliferation

Die geringe Größe, Charme der modularen Anlagen, ist zugleich ein Nachteil. So müssten, um allein die heute gut 400 großen Reaktoren zu ersetzen, "viele Tausend bis Zehntausend SMR-Anlagen" gebaut werden. Das aber wirft Fragen für die Proliferation, die Verbreitung gefährlichen nuklearen Materials, auf. Bereits durch die theoretisch höhere Anzahl an Reaktoren an verschiedenen Standorten gibt es mehr Möglichkeiten für Proliferation, und gleichzeitig erhöht sich der Aufwand für Überwachungsmaßnahmen, warnt das Öko-Institut. Diese Überwachung werde noch erschwert, wenn die Anlagen in entlegenen Regionen eingesetzt würden. Völlig unkalkulierbar würden die Risiken, sollten die Anlagen tatsächlich massenhaft zum Einsatz kommen,

    Kosten

Unter Annahme verschiedener üblicher Finanzierungsmodelle schätzen unabhängige Gutachter*innen erheblich höhere finale Stromkosten als von den Entwicklern angegeben werden – je nach Berechnung mehr als das Doppelte. Hinzu kommen Verzögerungen in der Entwicklung und steigende Konstruktionskosten.

    Keine Löung für den Atommüll

In einem weiteren Gutachten für das BASE kümmerte sich das Institut für Sicherheits- und Risikowissenschaften der Universität für Bodenkultur Wien um ein Konzept namens Partitionierung & Transmutation (P&T). Dabei soll mithilfe neuer Reaktoren und Wiederaufarbeitungsverfahren die Menge an hochradioaktiven Abfällen reduziert werden. Hier fällt ihr Urteil noch vernichtender aus.

Transurane wie Plutonium könnten zwar in ihrer Menge reduziert werden, andererseits steige jedoch die Abfallmenge für einzelne langlebige radioaktive Spaltprodukte an; teilweise wie bei Cäsium-135 um bis zu 75 Prozent gegenüber der ohne P&T einzulagernden Menge, geht aus dem Wiener Gutachten hervor. Auch seien 40 Prozent der in Deutschland bereits angefallenen Abfälle bereits wiederaufgearbeitet worden; die daraus entstandenen verglasten Abfälle wären nicht für P&T-Verfahren zugänglich. Die Menge an schwach- und mittelaktiven Abfällen, wie sie auch beim Rückbau kerntechnischer Anlagen anfallen, würde "massiv" ansteigen. Für einen Einstieg in P&T müssten wieder viele atomtechnische Anlagen erbaut werden, die lange laufen und Sicherheits- und Störfallrisiken bergen würden. Zwischenlager und Brennstofftransporte sowie ein Endlager wären in jedem Fall weiter erforderlich.

Auch hier läge in der Proliferation ein grosses Risiko. Aus den Brennstoffen müsse praktisch alles Plutonium separiert werden, um an den diversen Anlagenstandorten zum Einsatz zu kommen. "So bestünde langfristig ein direkter Zugriff auf waffengrädige nukleare Materialien", warnt das Gutachten.

"Die beiden Gutachten zeigten, dass die Technologien weder Altlasten beseitigen noch die Zukunftsfrage Klimawandel lösen könnten", sagt Base-Chef Wolfram König. "In absehbarer Zeit können möglicherweise zur Verfügung stehende Atom-Technologien weder die Altlasten der Atomenergie-Nutzung beseitigen noch die jetzt anstehenden Zukunftsfragen des Klimawandels beantworten"@

Quellen:
heise.de
.ausgestrahlt.de

 

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