Belarus-AKW Ostrowez Störfall nach wenigen Tagen Probebetrieb Explosion von aaaRed Noch läuft nicht alles glatt: Nach kurzem Probebetrieb musste die Stromproduktion im AKW bei Ostrowez im Westen von Belarus am 10.November wieder eingestellt werden. Reinhard Uhrig von Global 2000 berichtet über "Explosionen mehrerer Transformatoren" an einer der an den Generator angeschlossenen Einheiten., im ersten, gerade erst ans Netz gegangenen Reaktorblock. Die Untersuchung, die Wiederherstellung des Stromversorgungskreises und die Neueinstellung werden lange dauern. Am Ende des Tages berichtete das Energieministerium, dass der erste Block des belarussischen AKW den "Energie-Start" fortgesetzt habe. "Diese Stufe sieht die Betriebsmodi des Blocks bei verschiedenen Leistungsstufen (bis 500 MW) sowie die Überprüfung der Stabilität des Energiesystems bei seiner wiederholten Reduzierung vor. Im Laufe der durchgeführten Tests wurde in Übereinstimmung mit dem Programm dieser Phase die Notwendigkeit festgestellt, separate elektrische Messgeräte zu ersetzen."
Pünktlich zum 7. November, in Erinnerung an die Oktoberrevolution in Belarus traditionell ein Feiertag, hatte das jüngst fertiggestellte AKW Ostrowez Strom in das Netz eingespeist. Bei der Feierstunde im AKW ließ Staatschef Aljaksandr Lukaschenko seiner Begeisterung für das "Wunder" freien Lauf. "Es sieht aus wie eine alltägliche Angelegenheit. Als würden wir eine Metro-Station bauen. Doch es ist ein historischer Moment, das Land wird Atommacht", wird Lukaschenko in der Presse zitiert. Es sei schon Tradition, jedes Jahr zum Feiertag des 7. November wichtige Objekte, die einen Durchbruch bedeuten, einzuweihen, erklärte der sichtlich euphorisch gestimmte Lukaschenko. Und die Besonderheit des diesjährigen 7. November, so Lukaschenko, sei das Anlaufen des belarussischen AKW. Daneben schlug er die Gründung einer belarussischen Tochter der russischen Atombehörde Rosatom und eine russisch-belarussische Zusammenarbeit beim Bau von Atomreaktoren in anderen Ländern vor,In der Presse wird auch von einem von Rosatom vorgeschlagenen Bau eines Forschungsreaktors in Belarus berichtet. Der wegen oppositioneller Proteste innenpolitisch stark unter Druck stehende Lukaschenko nutzte die Gelegenheit, um sich als Energievisionär zu profilieren. Das AKW in Ostrowez soll mit zwei Reaktoren rund 40 Prozent des belarussischen Energiebedarfs decken, der bisher größtenteils von Gaskraftwerken bedient wird.
Gebaut wurde das AKW bei Ostrowez durch den staatlichen russischen Energiekonzern Rosatom und mit russischem Geld. Belarus erhielt dafür einen Kredit aus Russland in Höhe von zehn Milliarden US-Dollar. Es ist das bisher größte gemeinsame Wirtschaftsprojekt der beiden Staaten und dürfte Russland als Energiemacht in der Region stärken. Denn Rosatom wird das belarussische AKW betreuen, mit Kernbrennstoff beliefern und den Atommüll entsorgen.
Belarus hat die Auswirkungen der Katastrophe von Tschernobyl 1986 besonders stark zu spüren bekommen. Kein Wunder, dass der Bau des neuen AKW, der 2013 begann, von Protesten begleitet wurde. Umweltaktivist*innen wie Tatiana Nowikowa kritisieren das AKW bei Ostrowez. Sie halten AKW grundsätzlich für gefährlich. "Belarus braucht kein AKW. Dieses Objekt hat keine wirtschaftliche Bedeutung und stellt eine Gefahr für die Umwelt dar", sagte Nowikowa von der Bewegung "Ekodom". Das Projekt sei auf Wünsche Lukaschenkos und Russlands zurückzuführen, die Führung in Moskau erhoffe sich davon mehr Einfluss in der Region.
Auf viel Kritik stößt das Projekt seit Jahren in den benachbarten baltischen Staaten, vor allem in Litauen. Grund: Das umstrittenen Kraftwerk liegt sehr nah an der Grenze. Manche sehen darin den Beweis dafür, dass der Bau mit Blick auf den Stromexport in die baltischen Länder geplant war. Zwischen dem belarussischen AKW bei Ostrowez und der litauischen Hauptstadt Vilnius liegen weniger als 50 Kilometer Luftlinie. Litauen bezweifelt, dass das Projekt sicher ist. 2017 stufte das litauische Parlament das AKW bei Ostrowez als Bedrohung für die nationale Sicherheit und die Gesundheit seiner Bevölkerung ein. Einige Pannen haben zusätzliche Zweifel gesät. So geriet etwa eine Reaktorhülle beim Einbau ins Rutschen, schlug auf den Boden und musste ausgetauscht werden. Belarus weist Kritik zurück und verweist auf die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO), die das AKW inspiziert und keine Bedenken geäußert hat. Nach dem das AKW Anfang November in Betrieb genommen wurde, stoppte Litauen alle Energieimporte aus Belarus. Die litauische Regierung vereinbarte auch mit Lettland und Estland, keinen Atomstrom aus Belarus mehr zu verwenden. Zunächst waren die Regierungen in Riga und Tallinn zurückhaltend, doch die brutale Niederschlagung der Proteste gegen Lukaschenkos Sieg bei der Präsidentenwahl sollen geholfen haben sich zu einigen, so Beobachter. Die endgültigen Details stehen noch aus, doch die Grundsatzentscheidung sei gefallen, sagte Simonas Satunas, amtierender Vertreter Litauens bei der EU: "Alle baltischen Staaten haben sich auf politischer Ebene verpflichtet, keinen Stromhandel mit Belarus zu betreiben.
Anschluss an EU Das Vorhaben ist nicht leicht. Die drei baltischen Länder sind von Energielieferungen aus dem Ausland stark abhängig. Das liegt auch an der Stilllegung des AKWs Ignalina in Litauen im Jahr 2009 - aus Sicherheitsgründen. Dort waren sowjetische Reaktoren vom Typ RBMK im Einsatz, ähnlich wie in Tschernobyl. Außerdem sind Estland, Lettland und Litauen seit 2001 mit Russland und Belarus in einem sogenannten "baltischen Stromring" verbunden, ihre Netze sind gekoppelt. Spätestens bis 2025 wollen sie den Verbund aber verlassen, erhöhen dafür eigene Stromkapazitäten und Importe aus anderen EU-Ländern, etwa aus Schweden. Brüssel finanziert die Umkopplung mit hunderten Millionen Euro. Allein für die aktuelle Etappe wurden 720 Millionen Euro vorgesehen. Der litauische Präsident Gitanas Nauseda hat versichert, alles zu unternehmen, um das belarussische AKW-Projekt wirtschaftlich unrentabel zu machen.@
Quelle: |
||
anti-atom-aktuell.de |