Rundtour durch die Atomstadt Lingen Direkt vor unserer Tür, und doch so unbekanntes Terrain – die Atomindustrie in Lingen! Sie ist weithin sichtbar, die gigantische Dampfwolke, die aus dem Kühlturm des Lingener Atomkraftwerks den Himmel erklimmt. Auf der A31 durch das Emsland Reisende ahnen es, die Lingenerinnen und Lingener wissen es seit nun über 30 Jahren: hier steht ein Atomkraftwerk. Die Atomindustrie in Lingen ist jedoch weit mehr als nur eine Dampfwolke. Das Atomkraftwerk Lingen 2 (KKE) ist nur eine von mehreren Atomanlagen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten im südlichen Industriegebiet angesiedelt haben: Das „alte“ Atomkraftwerk kennt wohl auch jeder, der mal auf der Schüttorfer Straße oder am Dortmund-Ems-Kanal Richtung Hanekenfähr unterwegs war. Ganz genau hinsehen muss man hingegen, wenn man eines der Atommüll-Lager oder die Fabrik für atomare Brennelemente erspähen will – sie liegen hinter hohen Zäunen verborgen oder versteckt im Wald. Eine dermaßen große Ansammlung von Atomanlagen gibt es in Deutschland kein zweites Mal! Und dennoch, mit diesem Alleinstellungsmerkmal mag man sich hierzulande nicht so recht brüsten. Niemand ist wirklich stolz darauf, und auch die Atomindustrie selbst arbeitet am liebsten im Verborgenen. Kein Wunder also, dass selbst viele Lingenerinnen und Lingener gar nicht so richtig wissen, wo genau da eigentlich was gemacht wird. Hinzu kommt, dass viele glauben, mit dem sogenannten Atomausstieg sei für Lingen „Schluss mit Atom“. Doch weit gefehlt! Genau genommen kommen nach der geplanten Abschaltung des AKW Ende 2022 sogar noch weitere umstrittene Atomanlagen hinzu, die uns noch lange Jahrzehnte erhalten bleiben werden. Das Bündnis AgiEL bietet ab sofort allen Interessierten Menschen aus Lingen und von Außerhalb geführte Touren durch die Atomstadt an. Bei einer Rundfahrt durch das Industriegebiet Süd werden die Atomanlagen besucht und allerlei wissenswerte Infos rund um die Atomindustrie in Lingen vermittelt. Die Tour dauert ca. eine Stunde. @ Anfragen und Terminvereinbarung einfach per Email an:
buendnis.agiel [ätt) web.de https://atomstadt-lingen.de/2020/08/12/rundtour-durch-die-atomstadt AKW Lingen 1 1968 nahm der VEW-Konzern in der damals noch selbständigen Gemeinde Darme das AKW Lingen in Betrieb. Es war eines der ersten kommerziellen AKWs Deutschlands. Im Jahr 1977 wurde der nukleare Teil des Kraftwerks nach einem Schaden im Dampfumformersystem stillgelegt und befand sich von 1988 bis 2013 im „sicheren“ Einschluss. Seit der Fusion des VEW-Konzerns mit RWE im Jahr 2000 – also lange nach der Stilllegung – gehörte es zu RWE Power und inzwischen zur RWE Nuclear GmbH, die den gesetzlich vorgeschriebenen Rückbau sowie die Verpackung von radioaktiven Abfällen sicherstellen soll. Mit dem Genehmigungsbescheid vom 21. Dezember 2015 hat das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz die erste atomrechtliche Teil-Genehmigung für den Abbau des AKWs Lingen erteilt. Die Genehmigung regelt insbesondere den Abbaubetrieb, den Abbau der nicht kontaminierten und der kontaminierten Anlagenteile und die Zwischenlagerung von radioaktiven Abfällen. Für den Abbau der aktivierten Anlagenteile ist eine weitere atomrechtliche Genehmigung erforderlich. Der anschließende konventionelle Abriss nach Entlassung aus der atomrechtlichen Überwachung bedarf keiner weiteren atomrechtlichen Genehmigung. Nach den Planungen soll der Abbau etwa zwanzig Jahre dauern. Beim Rückbau atomarer Anlagen wird häufig versucht durch intransparente Vorgehensweisen bestehende Sicherheitsverfügungen zu umgehen. So kommt es dann auch dazu, dass kontaminierte Materialien so lange gestreckt werden bis diese offiziell den zugelassenen Strahlengrenzwerten entsprechen und folglich vermeintlich keine Gefahr mehr bergen. So gelangen radioaktive Stoffe wieder in Umlauf, als Straßenbaumaterial, auf Hausmülldeponien oder im Stahlrecycling. Das AKW Emsland (Lingen 2) Das Kraftwerk wurde als Ersatz für das 1977 stillgelegte AKW Lingen geplant und nahm am 20. Juni 1988 den kommerziellen Betrieb auf. Das AKW hat einen Druckwasserreaktor vom Typ Konvoi und hat eine elektrische Leistung von 1.406 MW (brutto) Das AKW Emsland soll nach jetziger Rechtslage 2022 vom Netz genommen werden – im April 2018 ist er 30 Jahre lang am Netz. Der Betrieb des AKW stellt ein nicht kontrollierbares Risiko dar und produziert täglich hochradioaktiven Müll, von dem niemand weiß wohin damit. Im Nahumfeld von Atomkraftwerken ist die Leukämierate bei Kindern erkennbar erhöht. Standort-Zwischenlager Im Dezember 2002 wurde auf dem Gelände des KAKW Emsland das Standortzwischenlager Lingen in Betrieb genommen. Hier werden abgebrannte Brennelemente in Castor-Behältern zwischengelagert. Das Zwischenlager hat eine Kapazität für 130 Behälter mit einem Schwermetallgewicht von 1250 Tonnen. Brennelementefabrik Lingen Damit AKWs betrieben werden können, müssen Brennelemente gefertigt werden. Dafür gibt es Brennelementefabriken, die angereichertes Uran (beispielsweise aus der UAA Gronau) weiterverarbeiten. Die einzige in Deutschland betriebene Brennelementefabrik steht in Lingen und wird betrieben von der Advanced Nuclear Fuels (ANF), die dem französischen Atomkonzern framatom gehört (früher Areva). Hier wird Brennstoff für verschiedene europäische AKWs beispielsweise in Frankreich, Deutschland, Belgien, Schweden und Finnland hergestellt. Im sogenannten Atomausstieg bis 2022 ist die Anlage nicht enthalten, obwohl sie Bestandteil der nuklearen Brennstoffkette ist und eines der größten Drehkreuze für Atomtransporte darstellt: Von hier kommen und gehen wöchentlich LKW-Transporte mit radioaktiver Ladung. Für diese Atomtransporte gibt es keinerlei Schutz oder ausreichende Notfallpläne – gerade Unfälle können mit dem radioaktiven Material jedoch sehr gefährlich werden@
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anti-atom-aktuell.de |