Das Zwischenlagerkonzept ist gescheitert Das Müll-Desaster Die anstehenden Transporte sind unsinnig, sie sind überflüssig, und sie sind gefährlich. Ein Gutes kann die Auseinandersetzung darum trotzdem haben: sie führt einer breiten Öffentlichkeit das Atommüll-Desaster erneut vor Augen. Einen hohen Grad an Aufmerksamkeit gab es für die Castoren in Gorleben. 113 Stück stehen dort in der Halle des Zwischenlagers im Wendland. Weniger bekannt sind die Castorbehälter, die verteilt über die ganze Bundesrepublik stehen. Und um die steht es schlecht. Der Atommüll-Report listet insgesamt 1.106 auf, die in Ahaus, Lubmin, Gorleben, Karlsruhe, Jülich und zwölf sogenannten Standort-Zwischenlagern stehen. 122 davon sind gefüllt mit Glaskokillen aus den Plutoniumfakriken; die anderen enthalten ausgediente Brennelemente. Mit denen sind bei einigen AKWs wie zum Beispiel bei Biblis B die Nasslager noch hochgradig besetzt; vorgesehen ist, auch diese Elemente aus den Abklingbecken zu entnehmen und ebenfalls in Castorbehälter zu stecken. Gleiches gilt für die Brennelemente, mit denen die Reaktorkerne noch bestückt sind. Es kann nicht oft genug gesagt werden: mit jedem Tag, den die am Netz verbliebenen Reaktoren weiter laufen, vergrößern sie das Problem, indem sie der bisherigen Menge an Müll weiteren hinzufügen. In Biblis ist das Zwischenlager für hochradioaktive Brennelemente im Jahr 2004 errichtet und genehmigt worden; das AKW selbst wurde 2011 abgeschaltet. 91 Castor-Behälter mit ausgedienten Brennelemente lagern dort. Offene Stellplätze sind für die sukzessive Entnahme aus den Reaktorgebäuden vorgehalten. Bis zum Juli 2020 sollen nun sechs Castoren mit Glaskokillen aus der Plutoniumfabrik im britischen Sellafield dazukommen. All dies ist Teil eines Gesamtplans. Im August 2015 legte die Bundesregierung das "Nationale Entsorgungsprogramm" vor, in dem sie ihre Strategie im Umgang mit den atomaren Hinterlassenschaften darstellt. Ein genauer Blick in dieses "Napro" zeigt, wie unzureichend dieser Plan ist. Dieses regierungsamtliche Dokument liefert selbst den Hinweis, dass die bisher praktizierte Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle zeitlich völlig aus dem Ruder laufen wird und deutlich länger dauern dürfte, als bislang vorgesehen. Die Genehmigung für die Castor-Lager an den AKW-Standorten ist auf 40 Jahre befristet. Mitte der 2040er laufen sie allesamt aus, und in keinem Fall wird bis dahin ein "Endlager" zur Verfügung stehen. Selbst das Datum 2051 für die Inbetriebnahme eines solchen Dauerlagers, wie es im Standortauswahlgesetz geschrieben steht, hält kaum eine Expert*in für realistisch. Damit ist das bisher in Deutschland verfolgte Konzept der Zwischenlagerung hoch radioaktiven Mülls, das auf 40 Jahre ausgelegt ist, gescheitert. Neue Konzepte für eine längerfristige Zwischenlagerung gibt es nicht. Kein Geheimnis ist inzwischen auch: Die Sicherheit der Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle muss dringend verbessert werden. Die bestehenden Zwischenlager entsprechen nicht den notwendigen Sicherheitsanforderungen. Exemplarisch dafür steht das Zwischenlager Brunsbüttel. In einer Klage wurden "erhebliche "Ermittlungs- und Bewertungsdefizite" geltend gemacht; das Gericht erkannte diese auch in letzter Instanz an - und zwar inhaltlich für alle Zwischenlager! Rechtlich gilt das Urteil allerdings nur für Brunsbüttel, weil bei den anderen Standorten die Klagefrist verstrichen war. Sicherer sind sie keineswegs. Unmittelbar nach der Aufhebung der Genehmigung erlaubte das Ministerium wiederholt eine rechtlich abenteuerliche "Bereitstellungs-Lagerung" des brisanten Atommülls und ignoriert im Grunde das Urteil: Der Atommüll bleibt im Zwischenlager und es darf sogar noch mehr Atommüll hinzu gestellt werden. Im Januar erteilte das Kieler Ministerium – obwohl die Neugenehmigung des Zwischenlagers immer noch beim Bundesamt für die Sicherheit der Entsorgung (BASE, ehemals BfE) immer noch aussteht – eine unbefristete Dauer-Aufbewahrungs-Genehmigung. In erfrischender Deutlichkeit hat die für das Zwischenlager in Brunsbüttel zuständige Genehmigungsbehörde BASE auf das Vorgehen der Kieler Atomaufsicht reagiert und diese schwer kritisiert. BASE wirft Vattenfall vor, wichtige Unterlagen zur Sicherheit bis heute nicht erbracht zu haben. Seit 2011 gehen die bundesdeutschen Behörden von Gefahrenlagen aus, denen die Castor-Lager nicht gewachsen sind. An allen Atommülllagern mit hochradioaktiven Abfällen laufen entsprechende Nachrüstungen oder sind im Genehmigungsverfahren. "Härtungen" werden vorgenommen, Wände zusätzlich stabilisiert, Mauern vor den Gebäuden zusätzlich errichtet. (..) Damit nicht genug: Wie eigentlich geht "Sicherheit", wenn ein Castor auf "normalem" Weg undicht wird? Wenn die bisherigen Reparaturmöglichkeiten – die benachbarten Reaktoren – nicht mehr zur Verfügung stehen? Was passiert mit den verglasten Abfällen aus der Wiederaufarbeitung an den Standort-Lagern, für die schon jetzt eine Reparatur in den Reaktoren gar nicht möglich wäre? Und was passiert mit den hochradioaktiven Brennelementen, wenn die Zwischenlagerung in den Castoren weit über das derzeit untersuchte Haltbarkeitsdatum hinaus geht? Und so weiter… Ob und wann es jemals ein Ende geben wird für den Status der vorläufigen "Zwischen"-lösung, steht völlig in den Sternen. So sieht die Bilanz nach 50 Jahren Endlagerpolitik aus: Zwei havarierte Salzstöcke, ein dritter, der seit 40 Jahren heftig umstritten und geologisch ungeeignet ist und ein genehmigtes Erzbergwerk, dessen Umbau zu einem Atommülllager erhebliche Probleme mit sich bringt. Dass es gelingen könnte, im Standortauswahl-Verfahren die realen Probleme wegzuzaubern, ist nicht zu erwarten. Eher, dass der zynische Umgang damit zur Methode wird Bei der Wismut in Sachsen und Thüringen werden die Halden und Absetzbecken einfach als oberflächennahe, dauerhafte Abfalllager für radioaktiven Schrott und Bauschutt genutzt.@ [aaa] |
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