aaa-uftakt
Ruhig ist es geworden in der Auseinandersetzung um Atomkraft; die Zeiten, in
denen es gelungen ist, die Aufmerksamkeit einer breiten Öffentlichkeit zu gewinnen,
liegen Jahre zurück. Die Themen, für die Tausende auf Straßen und Schienen unterwegs waren, sind aus der gesellschaftlichen Debatte weitgehend verschwunden.
Dabei sind die damit verbundenen Probleme keineswegs gelöst.
Dieses Auf und Ab hat in vorangegangenen Zeiten der Flaute viel Aktive um den
Schlaf gebracht. Inzwischen sehen es die meisten gelassener: andere Dinge sind
eben auch wichtig. Bewegungen wie die gegen Atom – so schreibt Ute Gerhard im
‚Handbuch der sozialen Bewegungen‘ – sind nicht in Zyklen (Aufkommen, Mobilisierung, Institutionalisierung, Verschwinden) zu begreifen; vielmehr durchlaufen
sie neben Zeiten der starken öffentlichen Präsenz auch Zeiten der "Latenz", um den
Nährboden für neue Wellen der Mobilisierung zu bilden.
Auf Anhieb klingt das einigermaßen medizinisch, so als wäre die Rede von
ansteckenden Krankheiten. Es geht aber nicht um sowas wie Masern oder Keuchhusten. In diesem Heft machen wir auf bevorstehende Castor-Transporte aufmerksam. Und es finden sich Definitionen, die dazu sehr viel besser passen. In der Physik
zum Beispiel ist "die Latenzzeit der Zeitraum zwischen einem verborgenen Ereignis
und dem Eintreten einer sichtbaren Reaktion darauf".
Na? Für Betreiber, Transporteure und Polizei wäre es natürlich sehr viel bequemer,
wenn es bei einem verborgenen Ereignis bliebe. Das wird es nicht. Leute bereiten
sich bereits unermüdlich darauf vor, dass sichtbare Reaktionen eintreten. Mit dieser
Ausgabe werben wir dafür, sich dem anzuschließen.
Auch in der Philosophie wird der Begriff Latenz benutzt. Ernst Bloch redete im
Zusammenhang damit von "im Gegebenen schlummernden Möglichkeiten".
Die sollten wir mal wecken!
ciaaao
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