Brennelementefabrik Lingen: Brand im nuklearen Bereich Genug ist genug! von Philip Bedall Die Brennelemente-Fabrik im niedersächsischen Lingen beliefert AKWs weltweit. Nun brannte es im nuklearen Bereich der Anlage. Auch aufgrund von Falschinformationen zum Brand steht die Zuverlässigkeit des Betreibers in Zweifel. Für die Antiatom-Bewegung steht fest: Zu einem konsequenten Atomausstieg gehört auch die Stilllegung der Brennelementefabrik. Ein Brand auf dem Gelände der Brennelemente-Fabrik im niedersächsischen Lingen am vergangenen Donnerstag entpuppt sich als deutlich brisanter als vom Betreiber dargestellt. Während erste Pressemeldungen ausschließlich von einem Brand "im Laborbereich" der Fabrik sprachen, heißt es nun: Vom Brand betroffen sei der "nukleare Bereich" der Anlage. Der Betreiber spricht weiterhin von einem Kleinbrand auf 40 mal 40 Zentimetern Fläche. Bilder vom Brandort lassen daran Zweifel aufkommen. Sie zeigen einen zerstörten Raum, der zu Reduzierung uranhaltiger Abfallstoffe genutzt wurde. Mysteriös verbleibt noch immer die Brandursache - laut niedersächsischem Umweltministerium die Explosion von 55 Liter Wasserstoff an einem nuklearen Verdampfer. Zugleich sollen jedoch in dem betroffenen Labor drei Tage keine Stoffe verdampft worden sein. 1000 Liter uranhaltiges Wasser sollen ausgelaufen sein. Eine Kontamination der Umgebung habe es jedoch nicht gegeben. Angesichts des heiklen radioaktiven Materials, mit dem die Fabrik arbeitet, ist die offensichtliche Fehlinformation oder gar Täuschung von Öffentlichkeit und Behörden ein Skandal und bedarf der Aufklärung. In der Lingener Fabrik werden aus angereichertem Uran Brennelemente gefertigt, die in Druckwasser- und Siedewasserreaktoren zum Einsatz kommen. Nach Angaben des Betreibers ANF (Advanced Nuclear Fuels) werden 90 Prozent der Produktion ins Ausland exportiert. Trotz des Atomausstiegsbeschlusses der Bundesregierung verfügt die Fabrik derzeit noch über eine unbefristete Betriebserlaubnis. Nach dem Brand steht die Fertigung in der Fabrik derzeit auf unbestimmte Zeit still. Laut Bundesumweltministerium wird sie erst wieder in Betrieb gehen können, wenn der Vorgang umfassend aufgeklärt ist. Der Brand im nuklearen Bereich der Fabrik ist brisant. Zugleich stellt er nur die Spitze einer Reihe von rund 150 meldepflichtigen Ereignissen seit Inbetriebnahme der Lingener Anlage dar. Schon im November kam es zu zwei meldepflichtigen Vorkommnissen. Dass die Arbeit in Uranfabriken nicht ohne Risiko ist, verdeutlichte ein Störfall in der Urananreicherungsanlage Gronau im Jahr 2016, bei der ein Arbeiter verstrahlt wurde. Am Brandort in Lingen ist dem Bundesumweltministerium zufolge noch ungeklärt, ob aus dem betroffenen Labor Radioaktivität ausgetreten ist. Laut niedersächsischem Umweltministerium wurde keine erhöhte Radioaktivität in der Umgebung gemessen.
Ein konsequenter Atomausstieg bedeutet für zahlreiche Umweltverbände und Initiativen, auch auf die Uranfabriken in Deutschland zu verzichten. Mehr als 350 örtliche und überregionale Gruppen – darunter auch das Umweltinstitut – fordern in einer gemeinsamen Resolution die sofortige Stilllegung der Brennelementfabrik in Lingen. Darüber hinaus forderten über 27.000 Menschen mit einer Online-Petition des Umweltinstituts die Stilllegung der Fabrik. Ein solcher Störfall darf sich nicht wiederholen: Genug ist genug! Der Brand in Lingen sorgt für eine intensive öffentliche Debatte über die Fabrik. Im Umweltausschuss des Bundestags wie auch des niedersächsischen Landtags war der Brand diese Woche Thema. Und auch die Fragestunde im Bundestag wurde dazu genutzt, das Umweltministerium hierzu zu befragen. Noch steht eine schriftliche Antwort aus. Stilllegung möglich – der politische Wille fehlt Ob der Brand Folgen für den Betreiber haben wird, ist derzeit noch unklar. Laut Bundesumweltministerium gibt es dazu laufende Gespräche auf Arbeitsebene. Am 18. Dezember werden VertreterInnen aus sechs Bundesministerien und dem Bundeskanzleramt zusammenkommen, um darüber zu beraten, wie der Atomausstieg bis Ende 2022 weiter umgesetzt werden soll. Bislang fehlt jedoch auf Bundesebene ein ehrlicher politischer Wille für die Stilllegung der Fabrik. Stattdessen werden Gründe vorgeschoben, die ihr im Weg stünden. Dass eine Stilllegung der Brennelementefabrik rechtssicher machbar wäre, haben ExpertInnen bei einer Anhörung des Umweltausschusses des Bundestages im Oktober dargestellt. Und bereits in vergangenen Legislaturperioden haben sich Bundesrat und Umweltministerkonferenz für die Stilllegung der Fabriken in Lingen und auch in Gronau (Urananreicherung) ausgesprochen. Die Bundesregierung muss endlich die erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Es ist Zeit, den Atomausstieg in Deutschland endlich zu komplettieren!@ www.umweltinstitut.org 13.12.18 |
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