Nr. 275    Erscheinungtermin: 07.08.2018
kein Freund. kein Helfer.
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56 Seiten
August 2018
Preis: 3,00 EUR



 
 
 
 

Inhaltsverzeichnis

  • aaa-uftakt

    Wir konnten es uns erst mal nicht vorstellen: Freund*innen aus Frankreich berichten, dass eine ganze Reihe Menschen, die sich gegen das Endlagerprojekt Cigéo in Bure engagieren, mit "Aufenthaltsanordnungen" belegt sind. Konkret heißt das: es ist ihnen nicht erlaubt, sich in den beiden Departements Meuse und Haute Marne aufzuhalten. Nun haben sie aber gerade dort ihr Haus und ihren Lebensmittelpunkt. Dem dürfen sie sich auf 100 Kilometer nicht nähern! "Wie kann das denn gehen?" fragten wir. "Auf welcher Rechtsgrundlage kann denn ein Staat derart einschneidend in die Existenz von Bürger*innen eingreifen?"

    Der französische Staat kann das - ganz legal! Die französische Entsprechung dessen, was in Deutschland ‚Polizeiaufgabengesetz‘ heißt, weist diese Möglichkeit aus, sowohl die Freizügigkeit, also das generelle Recht, dich aufzuhalten, wo du willst, wie auch die freie Wahl des Wohnorts zu beschneiden. Es muss nicht einmal einE Richter*in sein, die eine derartige Maßnahme verhängt. Nein, es ist Sache der Polizei, eine solche Anordnung auszusprechen und durchzusetzen. Und zwar nicht als Ergebnis eines Verfahrens mit einem Urteil am Ende, sondern lediglich auf der Grundlage von Verdachtsmomenten.

    Wahrscheinlich gibt es in Deutschland Polizeibeamte, die von solcherlei Handhaben träumen. Und offensichtlich finden sich quer durch die Parteien Politiker*innen, denen eine starke Polizei mit weitreichenden Befugnissen lieb und recht ist. Mit einer ganzen Reihe von Gesetzesänderungen soll das erreicht werden; die Frage der ‚Aufenthaltsanordnung‘ ist hier nur ein Punkt unter mehreren. Um diese Versuche geht es in dieser Ausgabe - und natürlich um den Kampf sozialer Bewegung in ihrer ganzen Breite dagegen!

    Zwar geht ganz objektiv die Zahl der Straftaten zurück. Und trotzdem ist es durch ständig wiederkehrendes Thematisieren "der Bedrohung der Sicherheit" gelungen, in weiten Teilen der Bevölkerung ein tiefsitzendes Gefühl der Verunsicherung präsent zu halten. Auf diese Flasche ist kein Stöpsel mehr zu bekommen. Denjenigen, die in Zeiten vielfältiger Krisen auf einen hochgerüsteten Repressionsapparat setzen, kann es nur recht sein, wenn in der öffentlichen Meinung die "Feinde unserer aller Werte" gar schrecklich imaginiert werden. Denn dann sind viele beruhigt mit dem Gedanken, die Härte des Gesetzes treffe ja "nur solche, die das auch verdienen." Ob das dann wirklich - wie ebenso naiv wie zynisch gehofft - tatsächlich immer nur irgendwelche "anderen" sind?

    ciaaao


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