Radioaktive Bodenkontamination
auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen


Thorium aus Milan-Raketen

von aaaRed

Wie hoch ist die Bodenkontaminationen durch radioaktives Thorium aus MILAN-Panzerabwehrwaffen im Biosphärengebiet auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz in Münsingen?

1966 wurden grosse Gebiete um das kleine spanische Fischerdorf Palomares in der Provinz Almeria mit Plutonium verseucht, nachdem das amerikanische Militär bei einem spektakulären Absturz eines B-52 Bombers Atomwaffen verloren hatte, deren konventionelle Sprengladung zwar explodierte, aber "glücklicherweise" keine thermonukleare Explosion zustande kam.

Die spanische Regierung forderte nach dem auch politisch folgenschweren Unfall eine Dekontamination und Schadensersatz von den USA. Daraufhin trugen die amerikanischen Truppen viele Tonnen Boden ab und transportierten ihn zur Entsorgung in die USA. Dennoch sind heute immer noch große Gebiete um das Dorf abgesperrt, weil die Strahlung noch immer über den zulässigen Grenzwerten liegt.

Dass die deutsche Truppe auch ganze Landstriche radioaktiv kontaminieren kann, hat sie im Sommer 2000 sogar selbst zugeben müssen. Hintergrund war intensives Üben mit der deutsch-französischen Panzerabwehrrakete MILAN auf dem Übungsgelände in Shilo in Manitoba, Kanada. Diese Rakete verdampft radioaktives Thorium, das die kanadischen Behörden in Bodenproben und im Grundwasser nachweisen konnten

Nun haben die deutschen Panzerabwehreinheiten aber nicht nur in Shilo über Jahre hinweg trainiert. So wurden auch einem Übungsgelände auf Sardinien viele dieser Raketen verschossen. Menschen, die in der Umgebung wohnen, klagen Bürger über die radioaktive Kontaminationen und ihre gesundheitlichen Auswirkungen.. (Quirra-Syndrom)

Auch auf dem deutsch-französischen Truppenübungsplatz in Münsingen auf der schwäbischen Alb haben nach dem Krieg die deutsch-französischen Truppen die Errungenschaften der gemeinsamen Waffenentwicklung getestet.

Unter diesen Einheiten waren auch diejenigen, welche ab 1980 mit der Panzerabwehrrakete Milan ausgestattet waren, was man auch den stolzen Chroniken dieser Truppenteile im Internet entnehmen kann. Ob und wie viele der radioaktiven MILAN Raketen sie abgefeuert haben ist dort natürlich nicht zu lesen.

Der Truppenübungsplatz wurde Ende 2005 geschlossen. Auf dem 67 Quadratkilometer großen Gelände blieben jede Menge Altlasten und laut BfS ein ehemaliges Sonderlager für radioaktive Substanzen zurück. Das alte Lager wurde in die Gemeinde Münsingen und das Gelände Breithülen in die Gemeinde Heroldstatt eingemeindet. Das Bundesamt für Immobilienangelegenheiten übernahm die Immobilien und muss sich nun auch um die Frage der Dekontamination und um eine neue Nutzung kümmern.

    Der Truppenübungsplatz wird zum Boosphörenreservat.

Die militärische Absperrung des Geländes hatte über die 110 Jahre der militärischen Nutzung dafür gesorgt, dass sich die Natur ganz anders entwickelte als in den angrenzenden zivilen Regionen. Die Militärs kümmerten sich wenig um Flora und Fauna. Und so entstand ein Gebiet, das durchaus auf eine besondere Art einmalig ist.

Es ist heute geprägt von dem krassen Gegensatz der ehemaligen militärischen Nutzung, die noch immer bedrohlich wirkt und einer Natur, die sich ungestört von den üblichen zivilen Randbedingungen in vielen Bereichen entwickeln konnte..

Seit 2005 ist es sehr ruhig geworden und die Wildtiere und Schafhirten kommen langsam zurück. Wie den Tieren nun die Altlasten im Boden bekommen bleibt abzuwarten.

Im alten Lager wurde ein Biosphärenzentrum aufgebaut. Der Truppenübungsplatz wurde zum zum Kernstück eines Biosphärengebiets erklärt , das nun von Naturschützern und Forstleuten besonders betreut wird.

Auf einigen alten Betonpisten wurden öffentlich zugängliche Wanderwege angelegt. Die Öffentlichkeit bekam Zutritt zu einigen ehemaligen Überwachungstürmen, von wo aus ein Blick über das riesige Gebiet möglich ist. Es gibt geführte Touren durch das alte Lager, die ehemaligen militärischen Anlagen und durch die besondere Natur.

Ein komisches Gefühl aber bleibt beim Wandern oder Fahrradfahren auf den Asphalt- oder Beton-Wegen. Da gibt es zum Beispiel die "Rechtsverordnung des Regierungspräsidiums Tübingen und des Landratsamts Reutlingen zur Beschränkung des Betretens auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen (Landkreis Reutlingen) vom 04.04.2006. Sie regelt genau welche Wege betreten und mit dem Rad befahren werden dürfen. Es gibt in diesem Dokument einen deutlichen Gefahrenhinweis: "Besondere Gefahren ergeben sich aus nicht beseitigter Munition und Munitionsteilen, die sich aufgrund der langjährigen vielfältigen militärischen Nutzung auf dem Gebiet des ehemaligen Truppenübungsplatzes befinden." Von Radioaktivität ist hier allerdings nicht die Rede. Wie stark der Boden radioaktiv kontaminiert ist, wird in den Warnungen ausgespart.

In einem Interview eines lokalen Radiosenders (SWR2) mit den neuen Schützern des Biosphärengebiets wurde auch folgendes dokumentiert: "Mit welchen Waffen und welcher Munition NATO und Bundeswehr geübt haben, ist nicht in allen Fällen bekannt. Man weiß von Minen, von Napalm, einer Brandwaffe, die im Vietnamkrieg eingesetzt wurde, oder von radioaktivem Thorium, das in lasergesteuerten Panzerabwehrwaffen verwendet wird. Die Thoriumkapseln seien nach jedem Einsatz eingesammelt worden, heißt es."

Auch das BfS hat sich wegen des Verdachts radioaktiver Altlasten spätestens 2012 mit dem Truppenübungsplatz Münsingen befasst. In einem Forschungsbericht zu strahlenschutzrelevanten Altlasten wird gesagt, dass laut Informationen aus dem zentralen Informationssystem Boden- und Grundwasserschutz (INSA-Datenbank) der Oberfinanzdirektion (OFD) Hannover entsprechende Daten zu Münsingen vorliegen. Im Rahmen des Projekts das von September 2012 bis Februar 2014 lief, wurden Daten zu "radioaktiven Strahlenquellen aus militärischer Ausrüstung" zusammen getragen, Bodenproben genommen und analysiert, Begehungen gemacht und ein Abschlußbericht erstellt, dessen Inhalt bisher noch nicht öffentlich gemacht wurde.


   Die Panzerabwehrrakete Milan

Milan ist eine leichte Boden-Boden-Panzerabwehrlenkwaffe. Sie wird zur Bekämpfung von Panzern eingesetzt und im Flug auf das Ziel gelenkt. Bodengestützte Systeme werden hinter Erdwällen, vom Waldrand oder anderen verdeckten Stellen, aber auch von Fahrzeugen aus eingesetzt. Panzerabwehrlenkwaffen sind neben dem Boden-Boden-Einsatz auch als Luft-Boden-Waffe einsetzbar, wobei Kampfflugzeuge, Kampfhubschrauber und neuerdings auch Drohnen als Startplattform dienen.

Die MILAN Rakete wurde ab den 70er Jahre von der europäischen Waffenschmiede Euromissile (ein Konsortium deutscher und französischer Firmen, anfänglich Aerospatiale-Matra of France und Daimler Chrysler Aerospace, später Beiträge von Siemens, MBB, AEG, Marconi, TRT) entwickelt und wird bis heute in mehr als 40 Lände, vor allem auch in Krisengebiete im Nahen Osten exportiert. Die BRD lieferte zwischen 2014 und 2016 viele Hundert Milanraketen an die Peschmergas im Nordirak.

    Die Milanrakete trägt zu einer radioaktiven Kontaminierung des Kampfgebietes bei und hat gefährliche Langzeitfolgen für die Gesundheit der Bevölkerung.

Damit der Schütze mit seinem IR-Sichtgerät die Rakete auch bei schlechten Sichtverhältnissen und bei Nacht noch gut erkennen und lenken kann, wird die Rakete mit dem Infrarot Leuchtschweif zur besseren Verfolgbarkeit ausgestattet.

Die Thoriumkapseln sind sogenannte "Tracking Flares" (Verfolgungs-Schweif), welche unmittelbar nach dem Abfeuern der Rakete vor allem eine im Infraroten liegende starke Strahlung mit einer Wellenlänge zwischen 2 und 3µm abgeben. Damit sich ein solches spektrales Maximum ergibt, werden etliche Chemikalien - unter anderm auch Thorium- in der Kapsel zusammengemischt, die dann beim Abbrennen den gewünschten optimalen Infrarot-Strahlungseffekt haben.

Der Infrarotstrahler des Lenkflugkörpers enthält 2,4 Gramm Thorium 232, ein radioaktives Material mit einer extrem langen Halbwertszeit von 14 Milliarden Jahren. Thorium ist besonders durch die in seiner Zerfallsreihe gebildeten Radionuklide gefährlich. Thorium ist ein Alphastrahler und ein Gammastrahler.

Beim Einschlag der Rakete wird der Infrarotstrahler zerstört und das Thorium tritt in Form eines feinen, radioaktiv und toxisch wirkenden Staubes aus. Selbst wenn die Rakete vorher ihr Ziel trifft, ist die Hitze bei der Detonation der panzerbrechenden Tandem-Hohlladung so hoch, dass alle Reste der Leuchtsubstanz in der Umwelt fein verteilt werden. Über Nahrung, Atmung und Trinkwasser kann der Thorium- Staub in den menschlichen Körper gelangen.

Die Folgen sind schwere Gesundheitsschäden wie z.B. Lungenkrebs oder Schädigung des Erbguts, wie bei dem im Irak verwendeten abgereicherten Uran, das z.B. in den Golfkriegen zum Einsatz kam.

2015 forderten die Organisationen "Ärzte gegen den Atomkrieg" (IPPNW) und die deutsche Koalition zur Ächtung von Uranwaffen (ICBUW), auf Grund des radioaktivem Material im Lenkflugkörper, die Bundesregierung in einem Schreiben eindringlich zu einem Export-Stopp der Milan-Raketen auf.@

Quellen:
www.ippnw.de
www.opengeiger.de

 

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