Wir sehen uns im Rheinland!

Ungehorsam für ein Klima der Gerechtigkeit!

vom Ende-Gelände-Presse-Team

"Das Rheinland ist das neue Wendland" - dieser Spruch ist häufig zu hören, wenn es um den Widerstand gegen die Braunkohleverstromung geht. "Kohlebagger sind die neuen Castoren", bleibt zu ergänzen mit Blick auf die Hunderte Aktivist*innen, die in weißen Maleranzügen Brücken und Gleise besetzen oder in die Gruben hinabsteigen, um die Maschinerie der Tagebaue stillzulegen. Sie setzen damit ein unübersehbares Zeichen für die Dringlichkeit eines sofortigen Kohleausstiegs.

Die Klimacamps und die Aktionen zivilen Ungehorsams unter dem Motto "Ende Gelände" in den Braunkohlerevieren haben sich mehr und mehr zu einem Schwerpunkt der systemkritischen, basisdemokratischen Bewegung entwickelt. Jedes Jahr kommt eine größere Zahl an Menschen zusammen, die sich für ein gutes Leben einsetzen und dem zerstörerischen Tagebaubetrieb direkt in den Weg stellen. Ausgangspunkt dafür ist die Frage nach der Energieversorgung, in der sich die verheerenden Auswirkungen der Industriegesellschaft wie in einem Brennglas verdichten. Anders als der obige Spruch nahelegt, ist Widerstand gegen Kohle und Atom gleichermaßen unabdingbar, denn weder auf einem überhitzten noch auf einem verstrahlten Planeten können und wollen wir leben.

Die Menschenkette gegen die AKWs Tihange und Doel am 25. Juni hat bewiesen, dass das Nein zur Atomkraft auch nach dem halbherzigen Beschluss zum Atomausstieg in Deutschland nach wie vor Zehntausende von Menschen auf die Straße bringt. Impressionen einer Fahrt aus dem Bergischen Land zur Menschenkette verdeutlichen, wie tief wir trotz Energiewende noch immer in fossil-atomaren Strukturen feststecken: Wir durchqueren eine versehrte Landschaft, die zerschnitten ist von Autobahnen, Bahngleisen, Fabriken und Lagerhallen.

Unsere Strecke führt mitten durch das Rheinische Braunkohlerevier; launige bunte Schilder weisen auf die "Bäume des Jahres" hin, während nur wenige Kilometer weiter der Hambacher Forst für den Tagebau der Kettensäge zum Opfer fällt. Dann erscheint zu unserer Rechten das Kraftwerk Weisweiler der RWE, dessen Schlote graugelbliche Rauchschwaden in den Sommerhimmel schicken. An unserem Ziel Herstal an der Maas nahe Liège erwartet uns kein Flussidyll, sondern eine öde Industrielandschaft, überspannt von Hochspannungsleitungen. Sehr wahrscheinlich, dass hier der Strom fließt aus dem nahegelegenen Tihange, einem AKW mit völlig veralteter Technik und Rissen im Reaktorschutzbehälter.

Die Ungerechtigkeiten des atomar-fossilen Systems erleben wir nicht nur unmittelbar in unserer eigenen Umgebung, sondern sie belasten in besonderem Maße die Länder des globalen Südens, die am allerwenigsten von dem sogenannten Wachstum und Fortschritt der kapitalistischen Gesellschaften profitieren. Keine Kilowattstunde Atomstrom wurde und wird erzeugt, ohne dass dafür Mensch und Natur in den Ländern leiden, in denen der Rohstoff Uran abgebaut wird. In der Klimadebatte wird oft versucht, die Atomkraft als "saubere" Alternative zu den fossilen Energien zu präsentieren. Tatsächlich ist die CO2-Bilanz von Atomkraft geringer als die von Kohlekraft. Betrachten wir diesen Energieträger jedoch in einem größeren Zusammenhang von der Naturzerstörung und den Ausbeutungsverhältnissen, die er verursacht, dann wird klar, dass er nicht minder destruktiv ist als die fossilen Energieträger.

Die Abbaugebiete für Uranerz liegen beispielsweise im Niger und in Namibia, also in afrikanischen Ländern, die vom Export von Rohstoffen abhängig gemacht worden sind. Die Einnahmen fließen in die Taschen der Minenbetreiber und Machthabenden oder werden zur Deckung der immensen Staatsverschuldung eingesetzt, dem Großteil der Bevölkerung bleibt radioaktiver Feinstaub und wenige Arbeitsplätze unter oftmals krankmachenden Bedingungen. Rund 70% der Uranförderung geschieht auf indigenem Land, betroffen sind zum Beispiel die heiligen Stätten der Aborigines in Australien. Mit dem Restrisiko eines Super-GAUs müssen alle Regionen rund um Atomkraftwerke leben, Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima haben längst bewiesen, wie schnell aus einer prozentual geringen Wahrscheinlichkeit fataler Störfälle schreckliche Wirklichkeit werden kann. Das strahlende Erbe des Atommülls hinterlassen wir unzähligen Generationen nach uns, mit den Worten des Kabarettisten Dieter Hildebrand ausgedrückt: "Kernkraftwerke hinzustellen, ohne zu wissen, wo der Atommüll gelagert werden kann, ist wie das Abziehen einer Handgranate bevor man weiß, wo man sie hinwerfen wird."

    Die Zeitbombe tickt

Ganz ähnlich sieht es aus bei der Kohleverstromung: hier tickt unaufhaltsam die Zeitbombe der globalen Überhitzung. Ganz gleich wo die Kohle gefördert und verfeuert wird, die C02-Emissionen aus der Verbrennung der fossilen Energien zeitigen schon heute katastrophale Folgen: Zunehmende Wetterextreme wie schwere Stürme, Starkregen mit Überschwemmungen und Erdrutschen, anhaltende Dürre mit Ernteausfällen, ein steigender Meeresspiegel und die Versauerung der Ozeane, das Abschmelzen der Gletscher und Polkappen. Leidtragende sind vor allem subtropische und tropische Gebiete in Äquatornähe, in denen schon naturgegeben ein heißes und extremes Klima herrscht, also ausgerechnet die Länder des globalen Südens, die vom wirtschaftlichen Aufschwung der Industrieländer weitgehend abgehängt sind und diese mit Rohstoffen versorgen. Regelrecht im Meer versinken die Pazifikinseln, in ohnehin sehr trockenen Regionen Afrikas und Mittelamerikas breiten sich die Wüsten weiter aus, Nahrung und Trinkwasser wird knapp, in den dicht besiedelten asiatischen Staaten Bangladesh, Pakistan und Indien nehmen Überflutungen in der Monsunzeit zu.

Seit der Kolonialzeit war das Verhältnis zwischen dem globalen Süden und den Industrieländern geprägt von extremer Ungerechtigkeit - eine Tatsache, die sich in der Klimakrise fortschreibt. Die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer verursachen mehr als 80% der weltweiten CO²-Emissionen und verfeuern 80% der Kohle, ganz zu schweigen von dem beinahe zwei Jahrhunderte alten CO²-Budget, auf das sie im Laufe der einzig und ausschließlich von atomar-fossiler Energie angetriebenen Geschichte der Industrialisierung fleißig eingezahlt haben.

Atom und Kohle sind zwei Gesichter des extraktivistischen Monsters. Es ist nicht sinnvoll, darüber zu diskutieren, welches das häßlichere ist, sondern es geht darum, das Monster selbst zu bekämpfen. Die linken sozialen Bewegungen halten dem Extraktivismus den Begriff der "Klimagerechtigkeit" entgegen. Nach diesem Konzept ist Klimaschutz nicht nur eine ökologische Angelegenheit, sondern eine Frage von sozialer Gerechtigkeit und von politisch-ökonomischen Herrschaftsverhältnissen. Die Lösungen für die Klimakrise kommen "von unten", sie gehen von den betroffenen Gemeinschaften aus, von den Dörfern, von den Menschen auf der Straße. Klimaschutzmaßnahmen, die Ausbeutungsverhältnisse unangetastet lassen oder sogar verschlimmern, können keine echten Lösungen sein. Ob das nun Waldschutzmaßnahmen sind, die indigenen Gemeinschaften den Zugang zu ihren traditionellen Gebieten verwehren; riskante Zukunftstechnologien, mit denen CO2 unterirdisch verpresst werden soll oder die Atomkraft, die mit schweren Menschenrechtsverletzungen einhergeht. Aus dem Blickwinkel der Klimagerechtigkeit wird der Treibhauseffekt nicht als Ursache der globalen Krise gesehen, sondern als eines ihrer Symptome. Echte Lösungen müssen die Wurzeln des Problems angehen, die im sozioökonomischen Gesamtsystem liegen.

Auch Deutschland präsentiert sich gern als Ökomusterland, ohne das zerstörerische System des Wirtschaftens selbst in den Blick zu nehmen. In Sachen Klimagerechtigkeit hat der selbst ernannte Vorreiter der Energiewende ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. Die Bundesrepublik wird ihrem grünen Ruf im In- und Ausland in keinster Weise gerecht, sondern ist laut Tadzio Müller vielmehr ein einziger "Ökosauhaufen": 42% ihres Stroms gewinnt sie aus Kohle, und sie unterstützt die Produktion und den Export von Autos ungeachtet dessen, dass die Kraftfahrzeugindustrie bei den Abgaswerten offensichtlich betrügt und unbeirrt auf Verbrennungsmotoren statt Elektromobilität setzt. Ganz abgesehen davon, dass jeder Mensch in Deutschland ein Vielfaches mehr an Ressourcen, Land, Wasser und Energie verkonsumiert, als die Erde reproduzieren kann.

Die Idee einer Transformation der Technologie, wie sie green economy anbietet, lassen den ökologischen Fußabdruck nicht kleiner werden, sie suggerieren lediglich, dass ein "Weiter so" im Rahmen der Wachstumsideologie möglich sei: Ganz gleich wie groß die ökologischen und sozialen Krisen sind, Unternehmen, Wissenschaft und Technik haben eine profitträchtige Lösung parat. Noch nicht einmal in diesem engen, technikorientierten Blick auf die Klimakrise setzt die Politik ihre hehren Ziel konsequent um. Die etablierten Parteien und die Gewerkschaften nehmen den Begriff "Kohleausstieg" nicht in den Mund, dabei ist es unmöglich, das Klima zu schützen und gleichzeitig gigantische Mengen Kohle zu verbrennen. Trotz der spürbaren Zunahme der erneuerbaren Energien aus Wasser, Wind und Sonne fehlt es an entschlossener, finanzkräftiger und vom Gesetzgeber und Politik getragener Forschung an Speichertechnologien und dem Aufbau eines dezentralen europäischen Verbundnetzes. Stattdessen werden der Energiewende zum Schutz der Lobbyinteressen der Kohle- und Atomkonzerne Steine in den Weg gelegt. Was hätte Gutes getan werden können mit den Milliarden, die nach dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus der Brennelementesteuer als warmer Geldsegen zurück in die Kassen der Energiemultis und die Taschen der Aktionär*innen fließen?

    Braunkohle-Weltmeister

Deutschland erhält jedes Jahr aufs Neue den unrühmlichen Titel des Braunkohleweltmeisters, das heißt es ist Spitzenreiter bei der Förderung dieses besonders dreckigen und klimaschädlichen Brennstoffs. Im Rheinland, dem Mitteldeutschen Revier und in der Lausitz verschlingen die riesigen Tagebaugruben Dörfer, fruchtbares Ackerland und Wälder; die Ökosysteme der Gewässer werden durch Versauerung, Verockerung, warmes Grubenwasser und die massive Absenkung des Grundwasserspiegels massiv belastet. Von Umsiedlung betroffene Menschen werden nach dem Prinzip "Bergrecht schlägt Eigentumsrecht" ihrer Grundrechte beraubt, sie müssen ihrer Zuhause und ihre Dorfgemeinschaften verlassen, wenn der Bagger kommt.

Selbst wenn Deutschland sofort aus der Braunkohle aussteigen würde, dabei aber die Steinkohlekraftwerke weiter liefen oder sogar neue Meiler ans Netz gingen, wäre das weit entfernt von einer gerechten Lösung. Steinkohle wird hierzulande kaum noch gefördert, im Jahr 2018 wird mit Prosper-Haniel in Bottrop die letzte Tiefbauzeche stillgelegt. Stattdessen wird Steinkohle im großen Maßstab importiert, die externalisierten Kosten dafür zahlen die Exportländer. Wie bei der Uranproduktion leiden gerade indigene Gruppen unter den Kohlengruben. In Kolumbien müssen die Wayúu ihre Dörfer und damit ihre traditionell naturnahe Lebensweise aufgeben, sie sind der Repression und Manipulation des Minenbetreibers Cerrejon ausgesetzt, politische Morde sind an der Tagesordnung. In Sibirien werden die indigene Gemeinschaft der Schoren mit brutalen Mitteln aus ihren Dörfern vertrieben, in Südafrika hinterlassen die ausgekohlten Tagebaue verwüstete Landschaften und vergiftetes Wasser, in den USA werden bei der Fördermethode "Mountaintop Removal" ganze bewaldete Bergkuppen abgesprengt, um an die darunter lagernden Flöze zu gelangen.

All dies bleibt verborgen, wenn an den großen Häfen wie Rotterdam, Hamburg und Amsterdam die billige Importkohle aus Übersee angelandet wird. Kraftwerksbetreiber reden sich damit heraus, dass sie Kohlen nach Sorte und Qualität einkaufen, wobei die Herkunft des Rohstoffs nicht auf einzelne Minen nachvollziehen ließe. Von einem radikalen Umdenken, weg vom Wachstums- und Konsumparadigma, scheinen die westlichen Gesellschaften weit entfernt zu sein. Dass wir die Erde retten und globale Gerechtigkeit ermöglichen können, ohne dass es zu Brüchen und einem Weniger im materiellen Konsum kommt, scheint undenkbar.

    Bis der letzte Bagger ruht

Wenn sich die Aktivist*innen von Klimacamp und Ende Gelände für den sofortigen Stopp der Braunkohleverstromung einsetzen, fordern sie dabei Gerechtigkeit sowohl für die unmittelbar betroffenen Menschen vor Ort als auch für die Opfer von Kohleabbau und Klimawandel weltweit. So stehen die Aktionstage vom 24. - 29. August 2017 im Rheinischen Braunkohlerevier unter dem Motto "Wir schaffen ein Klima der Gerechtigkeit". Anlass ist nicht zuletzt die UN-Klimakonferenz in Bonn im Herbst 2017, dann rufen die Aktivist*innen vom 03. - 05. November dazu auf, "wiederzukommen bis der letzte Bagger ruht", um die Augen der Welt in die Braunkohlegruben zu lenken. Es ist geradezu absurd, dass sich Deutschland international als Energiewendemusterland präsentiert und die Größen aus Politik und Wissenschaft das Weltklima verhandeln, während sich einige Kilometer weiter, beinahe in Sichtweite, rund um die Uhr die Schaufelradbagger drehen und die Schlote rauchen.

Auf der Internetseite von "Ende Gelände" heißt es: "Ohne eine Abkehr vom fossil-kapitalistischen System ist weder eine ernstzunehmende Bekämpfung des Klimawandels noch globale soziale Gerechtigkeit möglich. Es ist ein tiefgreifender sozial-ökologischer Wandel nötig, um ein gutes Leben für alle zu erreichen." Wie ein solch gutes Leben aussehen könnte, zeigen die Klimacamps in einer gelebten Utopie. Vom Aufbau der Camps und ihrer Infrastruktur über die Versorgung aus Volxküchen bis zum Bildungs- und Kulturprogramm entsteht alles aus der ehrenamtlichen und basisdemokratischen Arbeit von überwiegend jungen Menschen.

    Handgreiflich mitgestalten

Jede*r ist dazu aufgerufen, das Leben auf dem Camp aktiv und handgreiflich mitzugestalten, ob beim Gemüseschnippeln, Kompostklos putzen oder beim Durchführen eines Workshops. Das Camp bietet den Akteur*innen aus den sozialen Bewegungen einen Raum, sich untereinander zu vernetzen, auch über Sprach- und Ländergrenzen hinweg. Bereits zum dritten Mal findet vom 18. - 24. August die Degrowth Sommerschule statt, es gibt Kurse und Workshops rund um das Thema Postwachstum. Das Erlernte und Erfahrene werden die Teilnehmenden mitnehmen und hinaustragen, so dass es Wirkung zeigt in der bestehenden Gesellschaft.

Einer der Schwerpunkte der diesjährigen Sommerschule liegt auf dem Thema "Strukturwandel im Rheinischen Braunkohlerevier". Die Ausstieg aus der Kohle ist auch eine Frage nach der Gerechtigkeit, denn nach über einem halben Jahrhundert der Dominanz des Bergbaus in den Revieren gilt es, mit den Mitarbeitenden und Bewohnern Alternativen zu entwickeln für die naheliegende Zeit, in der die Bagger und Kühltürme Geschichte sein werden. Ein großer Teil der RWE-Belegschaft wird auch nach dem Kohleausstieg im Rückbau und Rekultivierung der Tagebaue beschäftigt bleiben, selbst bei Stellenabbau ist ihr finanzielles Auskommen gesichert durch Abfindungen und Rentenzahlungen.

Viel mehr stellt sich die Frage nach dem gerechten Strukturwandel auf der Ebene der Identität: Nur in einem wertschätzenden Dialog anstelle einer Konfrontation zwischen Arbeitnehmer*innen und der Klimabewegung können sich Lösungen finden, in denen allen beteiligten Menschen und Interessen Rechnung getragen wird. Bei aller notwendigen Kritik an fossiler Energie ist die Lebensleistung der Bergleute anzuerkennen in dem Bewusstsein, dass unsere bestehende Gesellschaft mit all ihrem materiellen Überfluss letztendlich "auf Kohle geboren" ist.

    Eine Frage des Überlebens

Der baldestmögliche Abschied aus diesem Zeitalter ist eine Frage des Überlebens, denn es gibt keine Arbeitsplätze auf einem toten Planeten. Dies ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, wobei die Konzerne, die gigantische Profite aus der Kohleverstromung gezogen haben, in größter Verantwortung stehen. Das Klimacamp soll ein Ort sein, der die Menschen aus der Region zu einem solchen Dialog einlädt.

Das Zusammenspiel von Bildung, Vernetzung, alternativem Leben und Aktionen auf basisdemokratischer Grundlage, das die Klimacamps ausmacht, fügt sich ein in die jahrzehntelange, erfolgreiche Geschichte des Widerstands gegen die Atomkraft. Als die Castoren rollten in Richtung Gorleben, entwickelte sich über Jahre hinweg ein breiter Widerstand bis tief in die lokale Bevölkerung und weite Teile der Gesellschaft hinein, es entstanden bunte, kreative Formen des Protests mit Mitteln des zivilen Ungehorsams. Was die Klimabewegung unter vielem anderen gelernt hat von den Atomkraftgegner*innen ist, dass der Protest gewisse Grenzen des "Normalen" überschreiten muss, um von den Mächtigen gehört und in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Angesichts der Größe des Gegners und der Brisanz der Probleme ist es legitim, in Aktionen über den Rahmen des Legalen hinaus zu gehen.

Wie die Castor-Transporte zu Treffpunkten für die anti-Atom-Bewegung wurden, so wurden die Braunkohlereviere in den letzten Jahren zu Kristallisationspunkten für die Klimabewegung. Die Infrastruktur des fossil-atomaren Systems mit den eigenen Körpern zu blockieren, sendet ein starkes Signal der Entschlossenheit und ermöglicht den Aktivist*innen eine Erfahrung von Selbstermächtigung und der Solidarität einer Gruppe anstelle dem Gefühl, dem Bestehenden allein und ohnmächtig gegenüber zu stehen.

Symbole sind wichtig - angefangen von Logos, Bannern, Slogans bis hin zu einheitlicher Kleidung und sorgsam choreographierten Bewegungen im Raum. Auch die kreativen Strategien für Massenaktionen haben sich in der Bewegungstradition fortgesetzt, zum Beispiel das Durchfließen einer Polizeikette nach dem Fingersystem oder einer Antirep-Struktur, um gemeinsam mit den rechtlichen Konsequenzen für Einzelne umzugehen. Auch weniger erfahrene Aktivist*innen können sich auf Sitzblockaden und andere Aktionsformen vorbereiten in Aktionstrainings.

    gemeinsam aktiv
    für ein gutes Leben

Nach dem Vorbild der Proteste im Wendland gibt es 2017 wieder verschiedene Konfrontationslevel, so dass alle Menschen sich ganz nach ihrer politischen Einstellung, ihren körperlichen und seelischen Kräften und Möglichkeiten in die Proteste einbringen können, um sich dabei gegenseitig zu bereichern und zu stärken: Wahrend der Aktionstage im August (24.-29.8.) ist nicht nur"Ende Gelände" mit Massenaktion zivilen Ungehorsams am Start. Am 26. August bilden lokale Initiativen und Umweltverbände erneut eine "Rote Linie" um den Hambacher Forst. Das Jugendnetzwerk für politische Aktionen (JunepA) und das ZUgabe-Netzwerk (Ziviler Ungehorsam, Gewaltfreie Aktion, Bewegung) - ein Akteur, der auch schon im Wendland aktiv war - rufen zur Blockade "Kohle erSETZEN" auf. Kleingruppen werden unter dem Motto "Zucker im Tank" für kreative Überraschungen sorgen.

    Nicht nur ein Camp

Es werden mehrere Camps entstehen. Neben dem Klimacamp schlägt ein "Camp for Future" seine Zelte auf, das ein Anlaufpunkt vor allem für junge Menschen der BUND-Jugend sein wird. Ein Teil des Klimacamps beherbergt das "Connecting Movements Camp" mit Barrios aus den Bewegungen FLTI (Feminist*innen, homosexuelle, transgender und intersexuelle Menschen), alternative Landwirtschaft, Antirassismus.

"Kohleausstieg ist Handarbeit" für jede*n, dem die Klimagerechtigkeit am Herzen liegt. Gerade im Jahr 2017 vor der anstehenden Bundstagswahl und dem Klimagipfel in Bonn, sorgt für eine heißen August im Rheinland und lasst uns gemeinsam aktiv werden für ein gutes Leben!

Haltet euch auf dem Laufenden auf den Internetseiten des Klimacamps 2017, der Degrowth Sommerschule und von der Aktionsplattform "Ende Gelände"! Wir sehen uns im Rheinland. @

www.klimacamp-im-rheinland.de
www.degrowth.info/de/sommerschule-2017
www.ende-gelaende.org/de

 

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