30 Jahre Cattenom - Kühlturmbesetzung:

Erfolg und Niederlage

von Ludger Peters

Vor 30 Jahren, kurz nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl, wurde im französischen AKW Cattenom an der Mosel die Arbeit aufgenommen. Zehntausende Menschen im Dreiländereck protestierten gegen die Anlage - mit einer spektakulären Aktion.

Am 24.10.1986 wurde in Cattenom die erste Kettenreaktion, die Kernspaltung, ausgelöst. Zuvor hatten AtomkraftgegnerInnen aus Trier, dem Saarland, Luxemburg und Lothringen jahrelang gegen die französischen Atompläne protestiert. Das AKW liegt Luftlinie gerade einmal 48 Kilometer von Trier entfernt.

Wenige Tage vor Inbetriebnahme des AKWs besetzten AtomkraftgegnerInnen einen der Kühltürme von Cattenom. Die damals 22-jährige Gertrud Selzer war bei dieser spektakulären Aktion dabei. Besetzung der Kühltürme Es war der 10. Oktober 1986. An diesem Vormittag waren die Kühltürme von Cattenom in Nebel gehüllt. Niemand auf dem Gelände ahnte, was eine kleine Gruppe von AktivistInnen für diesen Tag geplant hatte. Die Besetzung der Kühltürme war wochenlang vorbereitet worden. Menschen aus der Region rund um Cattenom und von der Hamburger Umweltschutzorganisation "Robin Wood" hatten sich zusammengetan.

Gertrud Selzer und ihre MitstreiterInnen standen unter Beobachtung. AtomkraftgegnerInnen wurden in den frühen 1980er Jahren in der Bundesrepublik noch mit Argwohn betrachtet. Besonders in Erinnerung blieben ihr die Fahrten zu den Demos in Frankreich: "Da standen dann Polizisten oder Grenzbeamte mit Maschinenpistolen vor uns. Die Autos wurden gefilzt. Wir wussten nie, ob wir rüberkommen. Das war gegenüber uns eine ganz normale Vorgehensweise." Geheime Aktion Nur am Morgen des 10.10.1986 war alles anders. Von der geheim geplanten Aktion der deutschen AtomkraftgegnerInnen hatten die französischen Behörden keinen Schimmer. Und so kamen die beteiligten AktivistInnen bis nach Cattenom. Gertrud Selzer gehörte zu einer kleinen Gruppe, die vor dem Werkstor zur Ablenkung demonstrierte. "Die Sicherheitsleute haben uns noch belächelt, als wir da standen. Als sich dann aber der Nebel lichtete und sie sahen, dass da Demonstranten auf dem Kühlturm waren, da war die gute Stimmung bei denen vorbei und wir waren froh, dass es geklappt hat." "Ein Stich ins Herz" Ein großer Erfolg für die AKW-GegnerInnen. Cattenom ging trotzdem ans Netz und ist es immer noch. Für Gertrud Selzer, die heute immer noch in der Region lebt, ist es eine Niederlage. Auch wenn sie und ihre Mistreiter über die Jahre für ein neues Bewusstsein in Sachen Atomkraft gesorgt haben. Der Anblick der Kühltürme von den Höhen des Saargaus sei für sie unerträglich. "Das ist selbst jetzt nach 30 Jahren immer noch ein Stich ins Herz für mich."@

externer Link www.swr.de 24.10.16




Zweifelhaftes Jubiläum: Vor dreißig Jahren ging das AKW Cattenom am 13.11.1986 ans Netz

Der Widerstand hat sich gelohnt

Aktion 3.Welt Saar e.V. 11. 11.2016

Vor dreißig Jahren am 13. November 1986 ging der erste der vier Atommeiler von Cattenom an der Mosel ans Netz. Die Kettenreaktion begann bereits am 24.10.1986. "Seitens der Aktion 3.Welt Saar sehen wir keinen Grund, die Existenz des AKWs als ‚in Stein gemeißelt‘ hinzunehmen", so Ingrid Röder. "Wir hatten am 10.10.1986 gemeinsam mit Robin Wood die spektakuläre Kühlturmbesetzung durchgeführt und damit die nicht vorhandenen Sicherheitsstandards belegt." Bis heute sind die 4 AKWs (1.300MW) an der Grenze zu Luxemburg und Deutschland hoch umstritten und machen durch vielerlei Pannen von sich reden. Auch der Bau von Cattenom war bereits von massiven Protesten begleitet.

Obwohl das AKW in Betrieb ging, waren die Proteste gegen Cattenom nicht umsonst. "Wir haben erreicht, dass viele der in den 70er und 80er Jahren in Frankreich und Deutschland euphorisch aufgelegten AKW Bauprojekte nicht realisiert wurden", so Ingrid Röder. Heute gibt es in Frankreich eine landesweit handlungsfähige Anti-Atom-Bewegung, mit der die Aktion 3.Welt Saar eng kooperiert. Cattenom konnte auch deshalb gebaut werden, weil es von der damaligen Bundesregierung unter Helmut Schmidt keinerlei Proteste gab. Denn Schmidt präferierte in Deutschland den Bau von AKWs.

"Zusätzlich haben wir durch massive Proteste gemeinsam mit französischen AKW GegnerInnen erreicht, dass kurz vor der Inbetriebnahme die Grenzen nach Frankreich wieder geöffnet wurden", so Röder. Bis Mitte 1986 war es üblich, dass die französische Polizei bei Anti-Atom-Protesten die Grenzen zu Deutschland und Luxemburg abriegelte. "Ich kann mich noch gut erinnern, dass dann französische Polizei mit MPs im Anschlag vor uns stand." Dies war Ausdruck davon, dass AKWs in Frankreich weitestgehend militärisch durchgesetzt wurden. Für den März plant die Aktion 3.Welt Saar gemeinsam mit einem Bündnis von deutschen und französischen Atomgegnern eine Demonstration in Straßburg gegen Cattenom und gegen das geplante atomare Endlager in Bure (Lothringen).@

externer Link a3wsaar.de

 

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