Zweifel an der Baugrundsicherheit
beruht die Gründungskonstruktion des GKN II auf falschen Annahmen? von Dr. Hermann Behmel Die vom Geologischen Landesamt 1984 herausgegebene amtliche geologische Karte und zwei wissenschaftliche Publikationen von 1985 und 1987 zeigen, dass die maßgeblichen geologischen Gutachten zum Baugrund aus den Jahren 1976 bis 1981 Zustand und‚ Strukturen unzutreffend gedeutet haben. Es ist zu befürchten, dass die Bemessung der Anlagen den tatsächlichen Spannungszuständen des Untergrundes nicht entsprechen. Nach dem Stand der Wissenschaft wären bereits in den sechziger Jahren folgende Kriterien zu erheben und durch Messungen zu kontrollieren gewesen:
Damit war zum Zeitpunkt der öffentlichen Anhörung 1981/82 und möglicherweise zum Zeitpunkt der Teil-Errichtungsgenehmigungen das Atomgesetz § 7 (2) verletzt: "Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn die nach dem Stand der Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage getroffen ist." Zu den oben genannten 4 Kriterien sind folgende Nachweise anzuführen, die gegenüber dem Anhörungsverfahren neue, noch nicht vorgebrachte Tatsachen darstellen:
Die amtliche geologische Karte Blatt Nr. 6921 Großbottwar 1:25000 zeigt geologisch junge Störungen, vor allem Horizontalbewegungen, die den Standort in Nord-Südrichtung durchqueren. Hierzu präzisieren die Kartenerläuterungen S. 73: "Neben Ausweitungsstörungen lassen sich auch Einengungsformen nachweisen, die als Begleitelemente von Horizontalverschiebungen zu deuten sind. Zahlreiche horizontale Harnische auf Trennflächen von Muschelkalk- und Unterkeuper-Gesteinen des Neckar- Schozach-Gebiets belegen ebenfalls horizontale Bewegungsvorgänge." Seite 76: "Im Steinbruch Neckarwestheim der Portland-Cement-Werke Lauffen wurden 5-10° streichende dextrale Blattverschiebungen sowie Einengungserscheinungen im Muschelkalk beobachtet. Im Streichen der Blattverschiebungen treten unmittelbar S der Zufahrtsstraße zum Steinbruch "Neckarberg" Schleppfalten und Schichtschleppungen im Oberen Muschelkalk auf. Hier sind auch Hochterrassenschotter und quartäre Decksedimente (Löß! Lößlehm) tektonisch verstellt." Damit ist auch eine Aussage zum Alter der Bewegungen gemacht, sie betreffen die jüngsten überhaupt dort sedimentierten Schichten, es besteht kein Grund zur Annahme, dass heute keine Bewegungen mehr stattfinden könnten. Brunner u. Hinkelbein beschreiben zahlreiche weitere tektonische Komplikationen wie gequältes und verfaltetes Sulfatgestein, sowie einen Gips/Anhydrit-Diapir 1987, S. 248: "Problematisch erscheint das Auftreten des ‚Gipsrückens‘ bis In 159,3 m ü. NN, während ansonsten im Bereich der Störzone der Gipsspiegel deutlich tiefer liegt. Dies erklären wir mit dem Aufdringen des inkompetenten Sulfatgesteins in Druckschattenbereichen innerhalb der Störzone, wobei hier das Aufdringen des Sulfatgesteins schneller erfolgte als die Tieferlegung des Gipsspiegels durch Subrosion." Der maßgebliche geologische Gutachter hat zwar eine "Störzone" erkannt, die Erscheinungen aber unzutreffend allein mit einem Versturz von Karsthohlräumen gedeutet. Eindeutig tektonische Strukturen werden ebenfalls durch Gipsauslaugung und Versturz gedeutet. Weidenbach 1981, S. 17: "Im ganzen Gelände GKN II konnten außer der weit ausgedehnten Störungszone nur Verwerfungen von Bedeutung festgestellt werden. Die eine liegt zwischen den Kernbohrungen 201 und 203 und ist an der früheren Steinbruchwand sofort erkennbar... Diese Verwerfung, die mit Sicherheit auf Auslaugung von Gips oder Steinsalz beruht, verläuft etwa in NW-Richtung auf KB 569... Die andere Verwerfung — ebenfalls auf Gipsauslaugung beruhend — ist nicht exakt zu fassen, ist daher in der Schichtlagerungskarte als vermutet eingezeichnet." Seite 22: "Eine Analyse der Bohrergebnisse zeigt, dass im größeren, östlichen Bereich des Reaktors ein besonders ruhiger Schichtverlauf vorliegt." Seite 25: "Ergänzend soll hier noch erwähnt werden, dass außer den im Gutachten vom September 1976 erwähnten Erklärungen für die Entstehung der Doline noch eine weitere Deutung vorliegt. Danach soll eine tektonische Aufschiebung der Gips-Anhydritschichten über dem Grundanhydrit stattgefunden haben. Die hochgepreßten und steilgestellten Gipsschichten sollen sodann tief ausgelaugt worden und die darüber liegenden Schichten in eine riesige Doline im Gips-Anhydrit nachgestürzt beziehungsweise eingeschwemmt worden sein. Beide Hypothesen können naturgemäß keine Einzelheiten des Vorgangs erklären. Das Resultat ist – so oder so – ein völlig wirres und unüberschaubares Durcheinander der verschiedenen Schichten und Bodenarten."
Spätestens seit dem Bau der Eisenbahntunnels in Württemberg ist das Quellverhalten von Anhydrit bekannt. Im Weinsberger Tunnel sind Sohlhebungen über 7 m bekannt, der Wagenburgtunnel wird mitsamt der Überdeckung angehoben, an der Autobahn Stuttgart-Singen sind bei Oberndorf seit Eröffnung über 4 m Hebung zu verzeichnen und auch aus dem Mittleren Muschelkalk sind Hebungen bekannt geworden (Steinbruch Fink/Bissingen). Die Tatsache, dass aus dem Mittleren Muschelkalk weniger derartige Fälle bekannt geworden sind, liegt am Bau der Landschaft. Während der Fuß des Keuperberglandes mit seinen Anhydritschichten einen breiten Streifen des Landes einnimmt, ist der Mittlere Muschelkalk nur in den engen Talabschnitten des Neckars, der Enz und anderer Flüsse angeschnitten. Es war daher nie erforderlich, in diesem Niveau Tunnels zu bauen. Das Quellverhalten ist jedoch schichtunabhängig, fehlende Beispiele sind keine Begründung, Quellungen für den Mittleren Muschelkalk auszuschließen. Durch Druckentlastung beim Gesteinsabbau und durch 87 Bohrungen bis in 94,25 m Tiefe, mehrere durch Anhydritschichten hindurch, wurden dem Grundwasser Wege gebahnt, die davor nicht bestanden. Der Effekt verstärkt sich selbst: die Aufquellung schafft Spalten in den dadurch entstehenden Gewölben, die wiederum dem Wasser Zutritt verschaffen. Theoretisch sind dabei Spannungen bis zu 110 MN/m2 (1100 kp/cm2) zu erwarten.
Beim Bau der Staustufen Hessigheim und Besigheim traten in den fünfziger Jahren infolge von Subrosion ungleichmäßige Setzungen bis zu 17 cm auf, es ist damit zu rechnen, dass diese Setzungen auch heute noch weitergehen können. Der GKN-Standort liegt in denselben Schichten zwar abseits des Neckars, bei einer Durchströmung des Untergrundes mit bis zu 147 Litern Wasser/Sekunde (Weidenbach 1976, 5. 195) muß ebenfalls mit Subrosion gerechnet werden.
Der GKN-Standort liegt am Südrand der Heilbronner Mulde. Die Schichten sind auf Heilbronn zu geneigt, das Grundwasser in den Klüften des Muschelkalks fließt zunächst nach Norden, es steht in stetiger Wechselbeziehung zum Grundwasser in den Talfüllungen und zum Flusswasser. Die hydrogeologischen Verhältnisse in der Umgebung des GKN waren 1981/82 in den Grundzügen bekannt, detaillierte regionale Kenntnisse, die nach dem Stand der Wissenschaft schon vor Auslegung der Dekontaminationskapazitäten zur Einhaltung von § 7(2)3. Atomgesetz hätten bekannt sein müssen, werden erst in diesen Tagen erhoben.
Die geologischen Gutachten entsprachen nicht dem Stand der Wissenschaft, sie gehen von unzutreffenden Deutungen der Strukturen aus, sie enthalten keinerlei Gefügedaten. Falsche Bewertungen des Spannungszustandes im Gestein könnten zu falscher Auslegung der Gründungsbewehrung und zu falscher Anordnung der Leitungen* geführt haben. Es ist daher denkbar, dass bei den zu erwartenden aseismischen Bewegungen und Verschiebungen der Anlagenteile Schäden an Fundamenten und Leitungen entstehen. Das mehrfache Durchbohren der Anhydritschichten war ein grober Fehler, da nun Wege für das Grundwasser bestehen, die von Natur aus nicht bestanden hätten und die zu sich selbst verstärkenden neuen Wegsamkeiten führen. Die Folge werden Sohlhebungen und verstärkte Subrosion sein.
Waren die Gesichtspunkte junger geologischer Scherbewegungen bei der Planung, der Anordnung der Gebäude zueinander, der Gebäudefundamente, und der Verlegung der Leitungen bekannt und wurden sie konstruktiv berücksichtigt? Durch Anlageschäden sind Grundwasserkontaminationen denkbar. Besteht eine vollständige hydrogeologische Kartierung, um das Ausmaß denkbarer Einwirkungen auch bei versagender Wasserhaltung zu erkennen, besteht in diesem Falle eine ausreichende Dekontaminationskapazität? | ||
anti-atom-aktuell.de |