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Spurensuche von BI Lüchow-Dannenberg Ganz neue Methoden, an Datenmaterial von Atomkraftgegner heranzukommen, hat die Polizei vor kurzem auf den Gleisen der CASTORTransportstrecke zwischen Lüneburg und Dannenberg angewendet. Nach einer friedlichen Protestaktion, einem Volley-Ball-Spiel, an dem etwa 150 Menschen als Spieler und Zuschauer mitten im Wald an einem Bahnübergang bei Grünhagen teilgenommen hatten, sammelte die Polizei Zigarrettenkippen von Beteiligten auf. Dazu hatten die Beamten Untersuchungshandschuhe übergezogen, und steckten nach Beobachtungen die Kippen einzeln in Plastikbeutel. Zuvor schon waren Aktionsteilnehmer fotografiert und wohl auch gefilmt worden. Auch nach einer Anti-Castor-Demonstration in Uelzen sollen von Polizeibeamten, die vorher die Demoteilnehmer gefilmt hatten, Zigarettenkippen aufgesammelt worden sein. Der "Republikanische Anwältinnen und Anwälteverein" (RAV) und die BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg sehen mit diesem Vorgehen eine neue Stufe rechtswidrigen Polizeihandelns gegen CASTOR-Gegner eingeleitet. Bereits im Januar hatten Bundesinnenminister Schily sowie Niedersachsens Innenminister Schünemann ihren Wunsch angekündigt, DNAProben von CASTOR-Gegnern schon bei Ordnungswidrigkeiten zu nehmen oder Gentests sowie das Abnehmen von Fingerabdrücken ganz ins Ermessen der Polizei zu stellen. "Für das Handeln der Polizei gibt es keine Rechtsgrundlage", bemerkt dazu der RAV. Wie dessen Vorstandsmitglied Rechtsanwalt Martin Lemke weiter feststellt, sei das Vorgehen der Polizei darüber hinaus "eindeutig rechtswidrig, möglicherweise sogar strafbar". Die Menschenwürde und die Persönlichkeitsrechte würden verletzt, die einschlägigen Datenschutzbestimmungen missachtet, sowie alle Betroffenen unter einen nicht gerechtfertigten Generalverdacht gestellt. Wenn diese Daten gesammelt werden, sei damit eine illegale, rechtswidrige Gen-Datei eingerichtet worden. "Wir erleben hier typische Phänomene eines Überwachungsstaates", so Lemke weiter, "zumal der Bürger nicht mehr weiß, was die Polizei wie über ihn sammelt, mit anderen Daten verknüpft, wo jeder für verdächtig gehalten wird, und die Polizei außerdem noch illegal und rechtswidrig handelt." Die Betroffenen werden umgehend von der Polizei die Vernichtung der Daten sowie eine Unterlassungserklärung für die Zukunft verlangen. Geprüft wird auch, ob nicht die höheren Beamten, die den zigarrettenkippensammelnden Polizisten den Befehl zum Einsammeln der DNA-Proben gegeben haben, angezeigt, oder zumindest eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen diese eingereicht werden sollte. Bekanntlich gibt es bei der Polizeidirektion Lüneburg eine spezielle Ermittlungsgruppe "EG Castor". Die dieser EG Castor vorgesetzte Staatsanwaltschaft Lüneburg müsse das rechtswidrige Treiben der Beamten sofort unterbinden, fordert Lemke. Fraglich sei weiter, ob nicht auch ein rechtswidriges "SpuDok"-System (Spurendokumentationssystem) angelegt wurde, falls es das ohnehin nicht bereits gibt. "Hier sind die Parlamentarischen Kontrollgremien in der Pflicht". Für die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) fügt sich mit der Polizeiaktion ein weiters Mosaiksteinchen in die "Grundrechtsfreie Sonderzone Gorleben" ein. Seit Wochen schon werden Atomkraftgegner aus dem Wendland wieder überwacht und bespitzelt, auch bei Telefonaten gibt es vermehrt Fehlverbindungen und merkwürdige Echos - ob es sich dabei um gerichtlich angeordnete Überwachung von CASTOR-Gegnern handelt, ist stark in Zweifel zu ziehen. "Wenn der Rechtsstaat seine Grundlagen aufgibt, und sich im Interesse der Energiekonzerne und Atomindustrie zum Polizeistaat wandelt heißt es, Widerstand zu leisten, und erst Recht auf die Straße, an die Schiene zu gehen", so ein Sprecher der BI. "Auch in einer Großen Koalition dürfen die Profitinteressen der Atomlobbyisten nicht gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit durchsetzen. Wer Jahr für Jahr CASTOR-Transporte mit hochstrahlendem Atommüll nach Gorleben karrt, und in einem ungeeigneten Salzstock verscharren will, wird immer wieder mit zehntausenden Polizisten gegen die sich wehrenden Bürger vorgehen müssen. Mit Demokratie hat diese Politik jedenfalls nichts mehr zu tun".
Es könne nicht hingenommen werden, dass Atomkraftgegner generell kriminalisiert werden. "Gegen diejenigen, die unter Ausnutzung ihrer wirtschaftlichen Macht den Goldesel Atomindustrie halten wollen, wird nicht ermittelt. White Collar-Kriminalität spielt für die hiesigen Staatsanwaltschaften keine wirkliche Rolle".
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